"Denk dran, was uns 2014 in Brasilien ausgezeichnet und so stark gemacht hat. Wir waren ein super Team und haben uns nicht aus der Ruhe bringen lassen", diese Worte gab Ex-Bundestrainer Joachim Löw seinem Nachfolger und ehemaligen Co-Trainer mit auf den Weg zur Fußball-WM in Katar. Kurz vor der Bekanntgabe des WM-Kaders durch Hansi Flick wurden die guten Wünsche Löws bei der DFB-Pressekonferenz per Video eingespielt.
Der Kader des aktuellen Bundestrainers konnte dann mit einigen Überraschungen aufwarten: Mario Götze, der in dieser Saison bei Eintracht Frankfurt eine beachtliche Wiederentdeckung seiner Fähigkeiten erlebt hat, ist im Wüstenstaat mit dabei. Armel Bella-Kotchap (FC Southampton) ebenfalls. Auch die Außenverteidiger Christian Günter (SC Freiburg) und Lukas Klostermann (RB Leipzig). Niclas Füllkrug (Werder Bremen), der formschwache Karim Adeyemi und Youssoufa Moukoko (beide Borussia Dortmund) sollen die Angriffslücke für die kurzfristig verletzt ausgefallenen Timo Werner, Marco Reus und Lukas Nmecha schließen.
Entscheidung gegen Hummels
Flick verbindet mit dieser 26-köpfigen Mannschaft die Gegenwart mit der Zukunft des deutschen Fußballs. Der 57-Jährige hat den Blick nach vorne mit in seine Überlegungen eingepreist, was ein kluger Schachzug des Bundestrainers ist. Zwar wurde er in seiner Wahl eingeschränkt, da die Ausfälle der etablierten Spieler seine Spielräume begrenzten. Dennoch hat er sich etwa gegen den 33 Jahre alten Routinier Mats Hummels entschieden. Eine überaus harte Entscheidung des Bundestrainers, weil Hummels eine ungewöhnlich starke Saison spielt. Flick hätte es sich wahrlich leichter machen können. Aber: Der Bundestrainer will die jungen Hoffnungsträger des deutschen Fußballs vorsichtig an die großen Turniere heranführen.
Die Frage ist allerdings, wie viele Einsätze, wie viele Spielminuten, gerade die Youngster Moukoko (17), Adeyemi (20) oder auch Bella-Kotchap (20) in Katar tatsächlich bekommen werden. Die Einsatzzeiten gerade dieser Spieler dürften aller Voraussicht überschaubar bleiben. Dennoch geht es für sie darum, Erfahrungen zu sammeln und die größte Bühne im Weltfußball hautnah kennenzulernen. Im Jahr 2024 findet in Deutschland schließlich eine EM statt, bei der solche Erkenntnisse allen Beteiligten weiterhelfen werden.
Erfolge der Vergangenheit als Blaupause
Bei der Zusammenstellung eines WM-Kaders geht es für den Bundestrainer ohnehin in erster Linie darum, eine homogene Gruppe zu formen. Die Spieler müssen ihre Egos zurückschrauben und trotz aller Rivalität in den Vereinen ein Gemeinschaftsgefühl herstellen. Das Fußballspielen muss Flick in diesem Team sicher niemanden mehr erklären. Er muss die Spieler vielmehr taktisch und auch mental auf die richtige Bahn schicken. Immer wenn das in der Vergangenheit funktionierte, waren die deutschen Teams auch erfolgreich. Nicht umsonst schwärmen sämtliche alt-Internationalen WM-Titelträger der unterschiedlichen Generationen etwa um Rudi Völler, Bastian Schweinsteiger oder auch Sepp Maier von dem besonderen Teamgeist in ihren jeweiligen Erfolgsmannschaften.
Ein solch außergewöhnliches Zusammengehörigkeitsgefühl hatte Flick schon in seiner Zeit beim sicher nicht einfach zu trainierenden FC Bayern in geradezu optimaler Weise hinbekommen - und hatte damit so gut wie alle Titel abgeräumt, die er nur gewinnen konnte. Die Mischung aus erfahrenen Spielern und jungen Profis muss auch bei der WM stimmen. Und dort wird sich Hansi Flick zweifellos auch den guten Ratschlag seines ehemaligen Vorgesetzten Joachim Löw zu Herzen nehmen.