Merkel: "Deutsche Welle ist Erfolgsgeschichte"
5. Juni 2018Engagiert erklärt Kossivi Tiassou der Bundeskanzlerin die europäisch-afrikanische Koproduktion "Eco@Africa". Unter diesem Titel erreicht das preisgekrönte Umweltmagazin der Deutschen Welle in diversen Sprachen Millionen Zuschauer in vielen Teilen Afrikas. Es geht um umweltbewusstes Handeln. Woher er komme, fragt Angela Merkel. "Togo", antwortet Tiassou. Dort sei sie noch nie gewesen, erwidert die Kanzlerin, "da möchte ich hin." Und sie freue sich, dass Umweltthemen in Afrika so gefragt seien.
Einige Minuten später steht Merkel am Mikrofon und würdigt die Arbeit der Deutschen Welle. Und sie kommt zurück auf "Eco@Africa". Sie finde es "wunderbar, dass Sie ein Umweltmagazin aus Afrika produzieren, das die afrikanische Sicht auf die Dinge zeigt", lobt sie spontan. Schließlich war die Kanzlerin auch einmal Bundesumweltministerin. Knapp 15 Minuten nimmt Merkel sich Zeit für ihre Ansprache. Sie betont die Bedeutung der DW seit dem Start 1953 bis in die Gegenwart: in den Krisen der 1950er und 1960er Jahre wie in den heutigen Erschütterungen. "Die Deutsche Welle ist eine Erfolgsgeschichte, und sie ist gefragter denn je", sagt sie. Der Sender sei "mit jedem Jahr moderner, attraktiver und weltumspannender" geworden. Er stehe für "seriösen Journalismus, zuverlässige Informationen und objektive Berichterstattung".
"Unabhängige Stimme"
Im Laufe ihrer launig-ernsten Rede wird Merkel dann doch sehr realpolitisch. In einer zunehmend vernetzten Welt werde Auslandskommunikation immer wichtiger. Da sei es "kein Zufall, dass einige Länder ihre Auslandssender massiv ausbauen, man schaue nur nach Russland oder China". Und wie bei Handelsfragen mit China wolle man auch für Auslandssender "Reziprozität", Gegenseitigkeit. "Die wollen wir dann auch für die Deutsche Welle." Bis heute, sagt Merkel generell, werde der Sender als "unabhängige Stimme der Freiheit nicht gelitten, sondern bekämpft" oder behindert.
Zu Beginn des Festakts hatte Moderator Jaafar Abdul Karim vor zahlreichen Abgeordneten aller Fraktionen auf das Markenzeichen der DW hingewiesen: 30 Sprachen, 60 Nationen, an vielen Ecken der Welt unterwegs. Wie zum Beweis werden später Bilder seiner arabischen Talkshow "Shabab Talk" gezeigt: Abdul Karim auf Plastikstühlen mit Gesprächspartnern und Zuhörern, zwischen haushohen Ruinen im nordirakischen Mossul - ein Beispiel dafür, dass die DW an Brennpunkte geht.
Karsai, Mogherini, Wenders, Solschenizyna
In die anerkennenden Worte Merkels stimmen viele Prominente mit ein. Auf der Bühne die Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses, die Sozialdemokratin Katrin Budde, und Kulturstaatsministerin Monika Grütters von der CDU. Die DW, sagte Grütters, stehe für Meinungs- und Pressefreiheit, für intensive Recherchen und guten Journalismus, "für die Unabhängigkeit der Medien, für die Staatsferne des Rundfunks. Darauf bin ich sehr stolz." Die Zuhörer forderte sie auf, sich die DW-App herunterzuladen, damit sie sich einen besseren Eindruck machen könnten von der Bandbreite des Senders und seines Einsatzes für Menschen in Krisenregionen.
In Videos äußerten sich Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Bundesminister von Union und SPD, Politiker von Grünen, Linken und FDP, internationale Politiker wie Jean-Claude Juncker, Federica Mogherini und Hamid Karsai, Kulturschaffende wie Nike Wagner, Wim Wenders und Natalja Solschenizyna, die Witwe des russischen Schriftstellers Alexander Solschenizyn. Und Jerome Boateng.
Intendant Peter Limbourg sprach in seiner Rede die schwerer werdenden Arbeitsbedingungen an. Der internationale Wettbewerb sei "schärfer geworden", auch in Konkurrenz zu "Propaganda und Desinformation". Immer dreister versuchten Autokraten, die Pressefreiheit einzuschränken. Dagegen kämpfe der Sender auf all seinen Verbreitungswegen an: "mehr Menschen informieren - gerade dort, wo sie Zensur und Propaganda ausgesetzt sind".
"Freiheit, Demokratie, Toleranz"
Unter dem Beifall von mehreren hundert Zuhörern äußerte sich Limbourg auch zu einer sehr aktuellen, sehr deutschen Debatte: Zur deutschen Identität gehöre "das Erinnern an die Ermordung von sechs Millionen europäischen Juden". Auch dies verstehe die DW als Teil ihres Auftrags: "Weder Extremisten noch Nationalisten werden unsere Haltung in dieser Frage ändern." Unter der Mitarbeiterschaft, so Limbourg weiter, seien alle Weltreligionen vertreten: "Sie alle verbindet eine gemeinsame Haltung: die Idee von Freiheit und Menschenrechten, Demokratie und Toleranz. Das sind die Werte, für die Deutschland und die Deutsche Welle in der Welt stehen."
Der Intendant dankte der Politik, dass sie in den nächsten Jahren die Finanzmittel für den Sender weiter anheben wolle. Das sei nicht nur notwendig angesichts technischer Herausforderungen. Es gehe beispielsweise auch um ein türkischsprachiges TV-Angebot, das die DW mit europäischen Partnern auf den Weg bringen wolle.
Und ein Tipp von Merkel
Die Bedrohung durch Fake News, sie wurde nicht nur in den Reden immer wieder zum Thema. Kanzlerin Merkel informierte sich vor der Veranstaltung auch über einen Video-Guide zum Fakten-Check, zum Entlarven von absichtlichen Falschmeldungen, Bots und Trollen. Das Projekt, erläutert Katsiaryna Kryzhanouskaya, sei Ende 2017 in der russischen Redaktion gestartet. Mittlerweile erreichen die animierten Videos in 14 Sprachen im Netz hunderttausende Nutzer. "Die Videos sehen bunt und lustig aus", sagt Kryzhanouskaya. "Aber die Themen sind sehr ernsthaft, und die Beispiele sind echt." Merkel folgte der kurzen Vorstellung aufmerksam.
Bei allen ernsten Worten hielt Kanzlerin Merkel in ihrem herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Welle in Bonn, Berlin und in vielen Ländern auch einen ganz konkreten Rat für diesen Tag und darüber hinaus bereit: "Nicht rasten, nicht ruhen, sondern weiter tun. Aber trotzdem heute auch ein bisschen feiern."