Merkel mahnt Ägypten
30. Januar 2013"Deutschland möchte ein wichtiger Partner Ägyptens sein", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Treffen mit Ägyptens Präsident Mohammed Mursi im Berliner Kanzleramt. Doch sie habe ihrem Gesprächspartner auch einiges deutlich gemacht, so Merkel. Drei Punkte stellte die Kanzlerin heraus. Dass der Gesprächsfaden mit allen Kräften im Land immer vorhanden sei, damit alle zum Transformationsprozess beitragen könnten. Dass die Menschenrechte eingehalten würden und dass Religionsfreiheit gelebt werden könne.
Man habe "sehr intensiv" diskutiert, so Merkel, die bei der Pressekonferenz skeptisch-zurückhaltend schaute und agierte, was im Kontrast zu Mursis verbalen Aussagen besonders auffiel. Der ägyptische Präsident bezeichnete das Treffen als "die Krönung wechselseitiger Beziehungen". Er sei sehr stolz auf diese Beziehungen und sehr stolz darauf, dass Deutschland als eines der ersten Länder überhaupt den Transformationsprozess Ägyptens begleitet habe.
Signal für Arbeit politischer Stiftungen
Auf die Frage, wie konkret Deutschland bei der Transformation helfen könne, nannte Merkel als erstes die Arbeit der politischen Stiftungen. Das könne hilfreich sein, in Ägypten "unterschiedliche Meinungen zur Geltung kommen" zu lassen. Merkel kündigte an, dass die Arbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung nun Teil des zwischenstaatlichen Kulturabkommens werde. Damit dürfte die Arbeit der Stiftung vor Ort durch mehr Rechtssicherheit wieder möglich sein.
Generell seien Kultur, Wissenschaft und Bildung ganz wesentliche Bestandteile der Transformationspartnerschaft. Aber auch auf wirtschaftlicher Ebene werde sich Deutschland einbringen. Denn eine gute wirtschaftliche Entwicklung sei "ein Beitrag zu stabilen politischen Verhältnissen". Doch mahnte Merkel entsprechende "rechtliche Rahmenbedingungen" an: "Umso mehr deutsche Unternehmen werden sich engagieren". Auch für den Tourismus müsse alles getan werden, um "die Verunsicherungen zu beseitigen".
Merkel: Zur Zweistaatenlösung verpfichtet
Neben der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit sprachen Merkel und Mursi auch über wichtige internationale Themen. Merkel dankte Ägypten für seine Bemühungen um eine Waffenruhe im jüngsten Gaza-Konflikt. Sie machte aber im selben Atemzug deutlich, dass der Friedensprozess im Nahen Osten weitergehen müsse und sich Deutschland "zu einer Zweistaatenlösung verpflichtet" fühle.
Auch über die beiden Konfliktherde Syrien und Mali wurde gesprochen. Man sei sich einig darüber, wie wichtig es ist, das Blutvergießen in Syrien zu stoppen, sagte Mursi. Das syrische Regime dürfe sich "nicht an die Macht klammern". Im Mali-Konflikt sei es wichtig, "weise vorzugehen und einen breiten Entwicklungsprozess zu starten".
Mursi: Ich bin nicht gegen Juden
Angesprochen auf seine antisemitischen Äußerungen aus dem Jahr 2010 sagte Mursi, diese seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Er habe sich nur gegen das Blutvergießen unter Zivilisten aussprechen wollen. "Ich bin nicht gegen das Judentum oder gegen Juden", sagte Mursi. Schließlich sei er als gläubiger Muslim zum Recht auf Glaubensfreiheit verpflichtet.
Merkel äußerte sich nur dahingehend, dass sie darüber gesprochen hätten, und verwies sogleich auf ihren Gesprächspartner.
Ägypten wird ein "ziviler Rechtsstaat"
Innenpolitisch stehe Ägypten mit den bevorstehenden Parlamentswahlen vor einer wichtigen Etappe der Transformation, so Mursi. Sehr ungern habe er den Notstand in einigen Städten ausgerufen. "Aber ich lasse es nicht zu, wenn jemand den gesetzlichen Rahmen überschreitet", verteidigte der Präsident die Maßnahmen. Es gebe eine stabile Regierung, "die Tag und Nacht im Interesse aller arbeitet". Ägypten werde ein "ziviler Rechtsstaat sein - nicht militärischer und nicht theokratischer Natur", so Mursi.
Im Anschluss an das Treffen im Bundeskanzleramt führte Mursi - von Ministern und einer Wirtschaftsdelegation begleitet - weitere Gespräche in Berlin. Ursprünglich sollte der Staatsbesuch zwei Tage dauern, wurde aber wegen der unsicheren Lage in Ägypten auf ein halbtägiges Programm verkürzt.