1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Merkel verteidigt Rekordschulden

20. Januar 2010

Bei der Generalaussprache im Bundestag über den Haushalt 2010 hat Kanzlerin Merkel die geplante Neuverschuldung in Rekordhöhe verteidigt. Sie sei angesichts der internationalen Finanzkrise notwendig und klug.

https://p.dw.com/p/LbQ0
Die Kanzlerin im Bundestag(Foto: AP)
Die Kanzlerin im BundestagBild: picture-alliance/dpa

Die Beratungen über den Haushalt 2010 haben mit der Generalaussprache im Bundestag an diesem Mittwoch (20.01.2010) ihren Höhepunkt erreicht. Dabei verteidigte Angela Merkel (CDU) die geplanten Rekordschulden der schwarz-gelben Koalition. Die Regierung sei verpflichtet, "der Realität ins Auge zu sehen", sagte die Kanzlerin. Der Etat habe zwar die höchste Neuverschuldung mit mehr als 85 Milliarden Euro. Weniger Schulden wären aber eine falsche Antwort auf die Herausforderungen. Es komme darauf an, "klug aus dem Tal" der Rezession herauszukommen. Dazu sei ein "neues Denken" erforderlich.

Noch mindestens drei Jahre Wirtschaftskrise

Die Kanzlerin erklärte, der Wirtschaftseinbruch werde Deutschland noch "über weite Teile des Jahrzehnts" beschäftigen. Wirklich überwunden sein werde der Einbruch frühestens in drei Jahren. Wenn Deutschland 2013 wieder das Niveau vor der Krise erreiche, habe man gute Arbeit geleistet, sagte Merkel. Ziel der Regierung von CDU/CSU und FDP sei es, die Krise "nicht nur irgendwie durchzustehen", sondern Deutschland stärker zu machen als vor der Krise.

Daher plane die schwarz-gelbe Koalition eine Strukturreform für ein einfacheres Steuerrecht, sagte die CDU-Chefin. Auch solle die Ungerechtigkeit bei der Besteuerung kleiner und mittlerer Einkommen abgebaut werden. Zur Kritik, Steuersenkungen seien wegen der aktuellen Finanznot des Staates nicht finanzierbar, sagte Merkel, die Wahlprogramme von CDU, CSU und FDP würden umsetzt. Das genaue Konzept werde nach der neuen Steuerschätzung im Mai entwickelt.

Flash - Galerie Wochenrückblick 51_09
Bild: AP

Harte Kritik von der Opposition

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier warf der schwarz-gelben Koalition politisches Totalversagen und Schönfärberei vor. Union und FDP versuchten, dies als Anfängerpech zu kaschieren. Die Koalition werde sich nicht vor dem Zorn der Bürger verstecken können. Noch nie in der Nachkriegsgeschichte habe sich eine Bundesregierung so offensichtlich in den Dienst von Lobbyisten gestellt. Gelder würden verschleudert und die Kommunen in den Ruin getrieben. Noch nie habe eine Regierung den finanzpolitischen Vertrauensvorschuss so schnell verspielt, kritisierte Steinmeier. Dies sei ein Drama.

Linke-Fraktionschef Gregor Gysi sprach von einem "angekündigten Wahlbetrug", wenn die Regierung erst nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen im Mai ihre Steuerpolitik festlegen wolle. Gysi warf der Koalition eine einseitige Begünstigung von Lobbygruppen vor. Die seit Januar geltende Senkung der Mehrwertsteuer bei Hotel-Übernachtungen von 19 auf 7 Prozent bezeichnete er als unerträglich. Außerdem verlangte er, die Banken bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise stärker zur Kasse zu bitten.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, warf der Koalition ein fehlendes Zukunftskonzept vor. Der schwarz-gelben Wunschkoalition fehle der "Mumm, eine Strukturreform anzupacken". Der Haushalt 2010 gehe zulasten von Familien und Kindern sowie der Kommunen.

Haushalt soll 325,4 Milliarden Euro umfassen

Die Haushaltswoche war am Dienstag mit der Debatte über die ersten Einzeletats eröffnet worden. Bis zum Freitag werden alle Etats der Ministerien durchleuchtet. Der Haushaltsentwurf 2010 sieht eine Rekord-Neuverschuldung von 85,8 Milliarden Euro vor - ein einsamer Höchststand in der Nachkriegsgeschichte. Hinzu kommen noch rund 14,5 Milliarden Euro an frischen Krediten in Schattenhaushalten.

Insgesamt soll der Bund nach dem Willen der Regierung dieses Jahr 325,4 Milliarden Euro ausgeben können. Das sind über 33 Milliarden Euro mehr als im vergangenen Jahr. Den größten Einzelplan hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 146,8 Milliarden Euro. Zweitgrößter Ausgabenposten sind schon die Zinsausgaben von 40,4 Milliarden Euro.

Den bisherigen Rekord bei der Neuverschuldung stellte 1996 der damalige CSU-Finanzminister Theo Waigel mit umgerechnet mehr als 40 Milliarden Euro Nettokreditaufnahme auf.

Autor: Herbert Peckmann

Redaktion: Frank Wörner