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Politik

Merkel übt scharfe Kritik an Ungarn

12. September 2017

Im Streit um die Verteilung von Flüchtlingen in der EU hat jetzt Angela Merkel mit deutlichen Worten auf das Verhalten von Ungarns Regierungschef Viktor Orban reagiert. Dies sei nicht akzeptabel, so die Bundeskanzlerin.

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Deutschland Angela Merkel Gremiensitzungen der Bundestagsparteien
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Viktor Orban fühlt sich offenbar "zu gar nichts" verpflichtet - so jedenfalls die Reaktion des ungarischen Ministerpräsidenten nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der vergangenen Woche. Eine Haltung, die Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt in einem Interview der "Berliner Zeitung" scharf kritisiert hat.

"Dass eine Regierung sagt, ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs interessiere sie nicht, das ist nicht zu akzeptieren", so die CDU-Politikerin. Mit der ablehnenden Haltung zur Entscheidung des Straßburger Richter sei eine "sehr grundsätzliche Frage Europas" berührt, "denn Europa ist für mich ein Raum des Rechts", fügte Merkel hinzu. "Wir werden beim Europäischen Rat im Oktober darüber reden müssen."

Ungarn muss Schutzsuchende aufnehmen

Der Europäische Gerichtshof hatte in der vergangenen Woche eine Klage Ungarns und der Slowakei gegen die Umverteilung von Flüchtlingen in der EU abgewiesen. Demnach muss nun auch Ungarn Schutzsuchende aufnehmen, die an den Küsten Griechenlands und Italiens die Europäische Union erreicht haben.

Viktor Orban
Regierungschef Orban: "Zu gar nichts verpflichtet"Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hatte daraufhin erklärt, dass er das Gerichtsurteil zur Kenntnis nehme. Er sehe aber keinen Grund, etwas an seiner Flüchtlingspolitik zu ändern. Aus dem Urteil folge nicht, dass "wir einfach hinnehmen müssten, mit wem wir zusammenleben sollen, denn darüber werden wir Ungarn bestimmen".

Nach den Worten Merkels ist es "ein offensichtlich sehr dickes Brett, das da zu bohren ist". Zugleich betonte sie: "Bei der solidarischen Verteilung von Flüchtlingen in Europa sind es von derzeit 28 Mitgliedstaaten nur drei bis vier Staaten, die das rigoros ablehnen." Alle anderen hätten sich bereiterklärt, ihren Anteil zu tragen - und nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs sei selbst beim slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico Bewegung zu erkennen.

Ausweichende Antworten

Der Frage der "Berliner Zeitung", ob sie mit ihrer Flüchtlingspolitik in der EU gescheitert sei, wich Merkel aus. Auch ob Ungarn die Europäische Union verlassen müsse, wollte Merkel nicht sagen.

Die gesamte EU sei sich einig über den Schutz der Außengrenzen, über Entwicklungshilfe zur Bekämpfung der Fluchtursachen sowie die Migrationspartnerschaften mit afrikanischen Staaten. Auch wolle man gemeinsam das Asylsystem in der EU "krisenfester als in der Vergangenheit ausgestalten".

Entscheidungen zum Familiennachzug erst 2018

Forderungen der CSU und von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach einem Stopp des Familiennachzugs von Flüchtlingen folgte die CDU-Vorsitzende Merkel nicht. Sie will abwarten: Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz, die häufig aus Syrien kommen, sei derzeit ausgesetzt. Entscheidungen stünden hier erst 2018 an. "Anfang des Jahres werden wir die Lage beurteilen und dann entscheiden, wie es weitergeht", sagte die Kanzlerin.

Entscheidendes Kriterium scheint dabei für Merkel der Umfang des Familiennachzugs der Flüchtlinge zu sein, die von der Genfer Flüchtlingskonvention geschützt sind. "Dieser Gruppe müssen wir erst einmal zu ihrem Recht verhelfen." Sie habe "ein Recht auf Familienzusammenführung, und daran halten wir uns", betonte Merkel. Es gehe hier aber nur langsam voran, weil etwa die Antragszeiten in den Botschaften oft recht lang seien.

AR/stu (epd, kna, dpa, afp, rtr, Berliner Zeitung)