Merkels Freunde - Merkels Feinde
Bei ihrer Suche nach einer "europäischen Lösung" für die Migrationskrise braucht Angela Merkel Verbündete unter den EU-Regierungschefs. Doch es werden immer weniger, und manche stellen sich sogar entschieden gegen sie.
Der Partner
Wenn man von einem politischen Freund Merkels sprechen kann, dann ist es Frankreichs Präsident Emannuel Macron. Er ist, wie Merkel, unbedingt an einer europäischen Lösung interessiert, weil er, wie sie, um den Bestand der EU fürchtet. Allerdings glaubt die CSU, dass Macron sich seine Rückendeckung für Merkel mit finanzpolitischen Zusagen hat kaufen lassen.
Der Verständnisvolle
Der neue spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez dürfte gleich im Sinne Merkels gehandelt haben, als er Schiffe mit afrikanischen Flüchtlingen anlanden ließ, die die italienische Regierung abgewiesen hatte. Soviel Menschlichkeit ist zur Zeit selten. Doch der Sozialist hat auch deutlich gesagt, sein Land brauche Unterstützung bei der Bewältigung der Migration.
Der Vermittler
Der Handelsnation Niederlande sind offene EU-Binnengrenzen sehr wichtig. Darin stimmt Ministerpräsident Mark Rutte mit Merkel überein. Andererseits ist die Stimmung im Land inzwischen eher feindlich gegenüber Migranten. Chancenlose Asylbewerber will Rutte am liebsten gar nicht erst nach Europa hineinlassen. Mit dieser "Einerseits-Andererseits"-Strategie könnte er eine Mittlerrolle übernehmen.
Der Taktierer
Zwischen der Christdemokratin Merkel und dem Altlinken Alexis Tsipras liegen ideologisch Welten. Dennoch ist der griechische Ministerpräsident sehr für "europäische Solidarität" bei der Bewältigung der Migration und stützt auch Merkel persönlich. Grund dürfte sein, dass er Merkel als verständnisvoll in der griechischen Schuldenkrise erlebt hat und dass er sich hier weitere Zugeständnisse erhofft.
Der Radikale
Der Däne Lars Lökke Rasmussen sieht nicht aus wie ein Radikaler, aber in Migrationsfragen ist er es. Kaum eine EU-Regierung betreibt eine so strikte Politik der Abschreckung gegenüber Asylbewerbern wie seine. Rasmussen hat auch früher als andere die Idee lanciert, Aufnahmezentren außerhalb der EU zu errichten. Wenn eine europäische Lösung so aussieht, ist er dafür, von Umverteilung hält er nichts.
Der Gegenspieler
Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz tritt gegenüber Merkel zwar höflich auf, macht aber keinen Hehl aus seiner tiefen Ablehnung ihrer liberalen Flüchtlingspolitik. Mit Merkels innenpolitischen Gegnern in der Migrationsfrage, von Gesundheitsminister Jens Spahn bis CSU-Innenminister Horst Seehofer und Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder, versteht sich Kurz dagegen prächtig.
Der Getriebene
Der parteilose italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte ist einer der härtesten Brocken für Merkel. In Italien registrierte Flüchtlinge will Conte keinesfalls wieder zurücknehmen. Dabei sitzt ihm vor allem Innenminister Matteo Salvini von der fremdenfeindlichen Lega im Nacken: "Wir können keinen einzigen mehr aufnehmen." Mit solchen Sätzen steigt die Lega noch mehr in den Umfragen.
Der Desinteressierte
Keiner hat Merkels Politik der offenen Grenzen über die Jahre so heftig kritisiert wie der Ungar Viktor Orban. Für ihn ist die Krise Merkels Problem, nicht seins. Zum Treffen am Sonntag erschien er erst gar nicht, so wie die anderen Chefs der sogenannten Visegrad-Staaten Ungarn, Slowakei, Tschechien und Polen. Sie alle lehnen jede Umverteilung von Flüchtlingen ab.
Auf dem europäischen Parkett war Angela Merkel die uneingeschränkte Nummer eins unter den Staats- und Regierungschefs. Doch seit Beginn der Migrationskrise wird es immer einsamer um sie. Gerade jetzt, wo sie innenpolitisch so unter Druck steht, ist sie auf Unterstützer in Brüssel angewiesen. Wer steht wie zu Angela Merkel? Eine Auswahl, geordnet nach Übereinstimmung mit der Kanzlerin.