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Michelle Obamas großer Tag

Christina Bergmann, Charlotte/North Carolina5. September 2012

Auf dem Parteitag der Demokraten hat Michelle Obama ihren Mann als Kämpfer für die Mittelklasse präsentiert. Ein wohl überlegter Angriff auf den Herausforderer der Republikaner, Multimillionär Mitt Romney.

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U.S. first lady Michelle Obama addresses delegates during the first session of the Democratic National Convention in Charlotte, North Carolina, September 4, 2012. REUTERS/Jason Reed (UNITED STATES - Tags: POLITICS ELECTIONS) - eingestellt von gri
Michelle Obama beim Parteitag der DemokratenBild: Reuters

"Wir waren so jung, so verliebt - und so verschuldet!" Wie erwartet war es ein sehr persönliches Bild, das die Hauptrednerin des Parteitages der Demokraten am Dienstag zeichnete. Michelle Obama, Ehefrau des Präsidenten, Mutter ihrer beiden gemeinsamen Töchter, beschrieb ihren Ehemann Barack als jemanden, der in ganz normalen Verhältnissen aufgewachsen ist. Der sie in einem verrosteten Auto zu ihren Verabredungen abholte, dessen Couchtisch vom Sperrmüll kam und dessen einziges Paar vernünftige Schuhe eine halbe Größe zu klein war.

Der ganze Parteitag in Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina ist darauf ausgerichtet, die Wähler der Mittelschicht zu erreichen. So stellte sich Michelle Obama nicht als erfolgreiche Anwältin vor, sondern als fürsorgliche Mutter, deren erste Sorge vor vier Jahren den beiden Töchtern galt und der Frage, ob ein Präsident denn auch ein guter Vater sein könne. Die Antwort gab sie an diesem Abend, und sie lautete uneingeschränkt: Ja!

Michelle Obama charakterisierte ihren Mann als Kämpfer für die Mittelklasse, der auch unpopuläre Entscheidungen trifft, wenn er sie für richtig hält, der das Wohl aller im Sinn hat. "Ich liebe es, dass es für Barack kein 'Wir' und 'Die' gibt," rief sie den Delegierten zu, "dass es ihn nicht interessiert, ob du ein Demokrat, ein Republikaner oder nichts von beidem bist. Denn er weiß, dass wir alle unser Land lieben."

Der Präsident - ein Mann aus dem Volk

Ihre Botschaft lautete: Wir sind eine ganz normale Familie, wir wollen das Beste für unsere Kinder - und wenn Barack Obama wiedergewählt wird, wird er sich für alle Familien Amerikas einsetzen. Michelle Obama setzte damit auch um, was die Wahlkampfstrategen als Devise für den Parteitag ausgegeben hatten: Das Positive betonen, die Angriffe auf den Kontrahenten Mitt Romney auf sachliche Argumente beschränken. Michelle Obama erwähnte Romney mit keinem Wort.

Michelle Obama geht nach ihrer Wahlkampf-Rede beim Parteitag der US-Demokraten in Charlotte vom Podium (Foto: Jessica Rinaldi/REUTERS)
Charakterisierte ihren Mann als Kämpfer der Mittelklasse: Michelle ObamaBild: Reuters

Andere Redner, wie zum Beispiel der Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, waren allerdings wesentlich angriffslustiger. Reid kritisierte, dass Mitt Romney, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner, nur die Steuererklärung eines Jahres veröffentlicht hatte und warf ihm vor, nicht vertrauenswürdig zu sein. Julián Castro, Bürgermeister von San Antonio, Texas, erklärte in der anderen Hauptrede des Abends an die Republikaner gewandt: "Wir wissen, dass man nicht wirtschaftsfreundlich sein kann, ohne sich für Bildung einzusetzen." Ein Plädoyer für die soziale Politik der Demokraten im Gegensatz zu den Republikanern, die Staatsausgaben verringern und Sozialleistungen kürzen wollen.

Die Mittelklasse stärken

Der Parteitag soll auch einen Ausblick bieten, was das Land erwartet, sollte Obama wiedergewählt werden. Zentrales Thema: Die Wirtschaftspolitik. Die Demokraten wollen dazu die Mittelklasse stärken. Amerika soll zusammen kommen, um die Wirtschaft wieder aufzubauen, und zwar von "unten nach oben", "nicht von oben nach unten" wie sich es die Republikaner vorstellen, erklärte Debbie Wassermann-Schultz, die Florida im Abgeordnetenhaus in Washington vertritt und die den Parteitag eröffnete.

Dabei geht es auch darum, das Haushaltsdefizit und die Staatsverschuldung zu verringern. Bisher war es auch einer überparteilichen Kommission nicht gelungen, Demokraten und Republikaner zu einem Kompromiss zu bewegen. Beide Seiten können sich auf Ausgabenkürzungen einigen, aber die Republikaner lehnen Steuererhöhungen, auf denen die Demokraten bestehen, strikt ab. Es herrscht Stillstand.

Delegierte guckt auf ein Bild Obamas (Foto: Reuters)
Ist er der Richtige für die nächsten vier Jahre?Bild: Reuters

Obama-Beraterin Michele Flournoy erklärte in Charlotte vor Journalisten, es gebe kompromissbereite Republikaner und es komme auf den Wahlausgang im Kongress an: "ob die extremen Flügel der Partei Oberwasser bekommen oder zurückgedrängt werden." Würden sie zurückgedrängt, hätten die pragmatischeren und moderaten Kräfte mehr Spielraum, "dem Kompromiss zuzustimmen, den die Amerikaner wollen und verdienen, um uns voranzubringen."

Außenpolitik spielt geringe Rolle

Die Außenpolitik spielt im Wahlkampf eine untergeordnete Rolle. "Es ist ironisch, dass wenn ein Präsident [verteidigungspolitisch] Erfolg hat und sich die Amerikaner sicher fühlen, dann sorgen sie sich weniger und es spielt in der Wahl eine geringere Rolle", sagte ", sagte Flournoy, bis Februar diesen Jahres Unterstaatssekretärin im US-Verteidigungsministerium.

Sollte Obama wiedergewählt werden, so Flournoy, "können wir erwarten, dass er noch einmal nachlegen wird bei den Schwerpunkten seiner Außenpolitik: El Kaida weiter zu bekämpfen, den Übergang in Afghanistan voranzutreiben, die strategische Verlagerung des Schwerpunkts Richtung asiatisch-pazifischen Raum voranzutreiben, gleichzeitig aber im Nahen Osten engagiert und den Verbündeten in Europa treu zu bleiben."

Präsident Barack Obama im Weißen Haus (AP Photo/Carolyn Kaster)
Obama hat alle Hände voll zu tun die Wähler von seinem Weg zu überzeugen.Bild: dapd

Obama-Rede als Belohnung

Höhepunkt des Parteitags ist der Donnerstag. Barack Obama wird die Nominierung mit einer Rede annehmen, allerdings nicht wie ursprünglich geplant unter freiem Himmel vor 65.000 Zuschauern im Bank of America Stadium. Wegen drohender Gewitter muss das große Parteitagsfinale ausfallen. Obama wird wie sie Ehefrau in der überdachten Time Warner Cable Arena sprechen, in der lediglich Platz für 15.000 Menschen ist. Kommentare der Republikaner, die Rede habe wegen mangelndem Interesse an Obama in die kleinere Arena verlegt werden müssen, wiesen die Demokraten zurück. Ihren Angaben zufolge hatten sich "mehr als 65.000 Menschen" für den Auftritt des Präsidenten angemeldet.

In den Umfragen liegen Obama und sein Herausforderer Mitt Romney Kopf an Kopf. Meinungsforscher John Zogby erklärte in Charlotte vor Journalisten, dass Präsident Obama sich um drei Gruppen Sorgen machen müsse: Junge Wähler zwischen 18 und 29, Wähler lateinamerikanischer Abstammung und die sogenannte "kreative Klasse" - Wissenschaftler, Medienschaffende, Künstler, Lehrer, Menschen aus dem Unterhaltungs- wie dem Gesundheitswesen. In allen drei Gruppen hat Obama derzeit nicht mehr die hohen Zustimmungswerte wie bei der Wahl 2008. Zwei Monate hat der Präsident noch Zeit das zu ändern.