Mick Schumacher: Endlich angekommen in der Formel 1
22. Juli 2022Mick Schumacher konnte sich das Grinsen auch Stunden nach dem Rennen nicht verkneifen. Geduldig erfüllte er Autogrammwünsche, posierte für Fan-Fotos und nahm Gratulationen entgegen. Kurz zuvor hatte der 23-jährige beim Großen Preis von Österreich das beste Ergebnis seiner Karriere eingefahren. Der sechste Platz in Spielberg steht sinnbildlich für den Aufschwung von Schumacher, dessen Position in der Formel 1 sich innerhalb weniger Wochen massiv verändert hat. "Ich bin rundum zufrieden", sagte der Deutsche, der in der Königsklasse des Motorsports für das US-Team "Haas" fährt.
Nach dem achten Platz beim Großen Preis von Großbritannien ist der gebürtige Schweizer nun bei zwei Rennen in Folge in die Punkteränge gefahren - und das, nachdem ihm dieses Erfolgserlebnis zuvor 30 Mal am Stück verwehrt geblieben war. Sowohl Schumacher als auch sein Teamkollege Kevin Magnussen standen beide zuletzt zweimal hintereinander in der Top 10. In Österreich war Haas sogar hinter Ferrari, Red Bull und Mercedes das viertbeste Team. Wie also ist der Aufschwung zu erklären?
Der Aufschwung von Haas
Eigentlich ist das Auto noch auf dem Stand des Saisonstarts in Bahrain. Die ersten Updates sind aus finanziellen Gründen erst für das Rennen in Ungarn Ende Juli geplant. Und dennoch gibt es eine plausible Erklärung für die plötzliche und deutliche Leistungssteigerung. "Das liegt vorallem daran, dass wir den Wagen immer besser kennen", sagte Schumacher in Spielberg. "Im Auto schlummert noch immer Potential, das wir erschließen können."
"Wir hatten schon zu Saisonbeginn ein starkes Auto, haben uns dann vielleicht ein bisschen Verlaufen im Set-up", so der 23-jährige weiter. "Jetzt sind wir aber wieder bei einer sehr guten Abstimmung gelandet, wo andere Leute vielleicht Probleme haben mit ihrem Paket. All das trägt zu diesem Ergebnis bei."
Schumachers gute Leistungen in den letzten Wochen blieben auch von den Zuschauern und von der Konkurrenz nicht unbemerkt. Die Formel-1-Fans wählten ihn in Österreich mit großem Abstand zum Fahrer des Tages. Mercedes-Sportchef Toto Wolff lobte ihn nach dem Rennen in den höchsten Tönen: "Mick ist super gefahren, hat gut verteidigt, aber ist immer sportlich dabeigeblieben. Es freut mich das zu sehen, er ist ein guter junger Mann."
Nicht viele hatten Schumacher diese Entwicklung noch in diesem Jahr zugetraut. Und das, obwohl bekannt ist, dass der Sohn vom siebenmaligen Formel 1-Weltmeister Michael auch in den Nachwuchsklassen jeweils im zweiten Jahr seine größten Erfolge feierte. Die Widerstände in dieser Saison schienen jedoch zu groß zu sein. Nachdem der Deutsche 2021 in die Formel 1 einstieg, fuhr er ständig dem Feld hinterher. Sein Auto war nicht konkurrenzfähig, mit jedem schlechten Ergebnis wurde der Druck - nicht zuletzt wegen des großen Nachnamens - größer. Es folgten Unfälle, Ausfälle, schwache Platzierungen, Kritik von außen und innerhalb des Teams.
Am Tiefpunkt angekommen
Anfang Juni, nach dem Rennen in Baku, sah es sogar so aus, als sei der ehemalige Formel 2-Weltmeister nach vielen Rückschlägen in seinen ersten anderthalb Jahren in der Königsklasse des Motorsports am absoluten Tiefpunkt angelangt. Einige Medien diskutierten bereits darüber, ob er bei Haas abgelöst werden und aus der Formel 1 verschwinden könnte. Die öffentliche Kritik seines Teamchefs Günther Steiner befeuerte die Diskussionen. "Es ist keine einfache Situation für Mick und das Team", sagte Steiner. "Das ist Leistungssport. Und was muss man da machen? Leisten." Steiner forderte eine ausgewogene Balance daraus, das Risiko zu minimieren sowie das Auto ohne Schaden ins Ziel zu bekommen und gute Leistungen zu erzielen. Diese scheint Schumacher nun gefunden zu haben.
Neben dem Verbesserten Zusammenspiel zwischen Auto und Fahrer nennt er auch seine mentale Stärke als Grund für die zuletzt steil ansteigende Form. "Ich habe diese negative Energie der Kritiker aufgenommen und in positive umgewandelt. Das hat mir wirklich viel gebracht", erklärte Schumacher sein Erfolgsrezept nach dem Rennen in Spielberg. Dieses neu gewonnen Selbstbewusstsein zeigt sich auch auf der Rennstrecke. In Silverstone attackierte er sogar den amtierenden Weltmeister Max Verstappen, in Österreich duellierte er sich mit Lewis Hamilton, den er sogar auf der Strecke überholte.
Statt sich also um seine Zukunft sorgen zu müssen, dürften nun einige Teams an den Diensten des Deutschen interessiert sein. Viele Formel 1-Fans träumen davon, Mick Schumacher irgendwann im Cockpit des Ferrari zu sehen. In dem Auto, in dem sein Vater Michael fünf Weltmeistertitel gewann und zur Legende wurde. Doch erstmal hat Mick ein anderes Ziel - das Podium. Vielleicht geling es ja schon beim nächsten Rennen in Frankreich.