Migranten aus Moria: SPD macht Druck
14. September 2020Deutschland - vertreten durch Innenminister Horst Seehofer (CSU) - hat sich bisher bereit erklärt, 100 bis 150 unbegleitete Minderjährige aus dem zerstörten Flüchtlingslager Moria auf Lesbos aufzunehmen. Doch das ist Saskia Esken, der Vorsitzenden der Sozialdemokraten, bei weitem nicht genug. Sie fordert bereits für diesen Montag eine Zusage der Unionsparteien CDU und CSU, mehrere tausend Migranten von der griechischen Insel nach Deutschland zu holen.
Es müsse "ein hoher vierstelliger Betrag" sein, verlangte Esken im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF). Näher wollte sie dies nicht beziffern. Angesprochen auf das Abstimmungsverhalten im Bundestag, wo die SPD bisher mehrheitlich gemeinsam mit dem Koalitionspartner Forderungen der Opposition zur weitergehenden Flüchtlingsaufnahme abgelehnt hat, sagte Esken: "Wenn jetzt die CDU/CSU ihre Blockade nicht aufgibt, dann müssen wir über andere Schritte nachdenken." Auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte am Wochenende betont: Die Aufnahme von 150 Minderjährigen könne "nur ein erster Schritt" sein.
Signal mit Sogwirkung!?
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) schlug einen Krisengipfel der Bundesregierung mit aufnahmewilligen Bundesländern und Kommunen vor. Doch viele Politiker in den konservativen Unionsparteien CDU und CSU fürchten bei der Aufnahme einer größeren Zahl von Migranten ein Signal mit Sogwirkung. Sie verweisen vor allem auf das Jahr 2015, als rund 900.000 Asylbewerber weitgehend unkontrolliert nach Deutschland kamen.
Deutsche Städte und Kommunen verfügen laut dem Beamtenbund dbb inzwischen wieder über zahlreiche freie Plätze in Aufnahmeeinrichtungen, da Flüchtlinge von 2015 mittlerweile anders untergebracht oder nicht mehr im Land sind. "Die Erfahrungen aus 2015 haben insbesondere die Kommunen in die Lage versetzt, mit Flüchtlingsströmen besser umzugehen", sagte der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach.
Durch den Großbrand im Flüchtlingslager vergangene Woche - ausgelöst wohl durch Brandstiftung - wurden rund 12.000 Menschen obdachlos. Viele haben keinen Zugang zu Sanitäranlagen oder fließendem Wasser. Gut drei Viertel der ehemaligen Moria-Bewohner kommen aus Afghanistan, ein kleinerer Teil aus Syrien oder Afrika.
wa/ack (dpa, ZDF)