Willkommen im Schmelztiegel
6. März 2019"Quaz.ruhr" steht in großen Lettern an der Fassade der ehemaligen Lehrwerkstatt des Autobauers Opel im Bochumer Stadtteil Laer. Quaz steht für Qualifizierungs- und Ausbildungszentrum für Zugewanderte.
"Es ist die deutschlandweit größte Organisation, die sich darum kümmert, dass die Menschen, die zu uns gekommen sind, hier integriert werden", sagt Eric Weik, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet.
Träger des Quaz sind die Ruhrgebietsstädte Bochum, Hattingen, Herne und Witten, außerdem die IHK und Arbeitgeberverbände, das Handwerk, die Ruhr-Universität Bochum, Gewerkschaften und Kirchen.
"Und zwar alle Kirchen, einschließlich der Glaubensgemeinschaft der Muslime", betont Weik. Er hat dieses Bündnis mit auf den Weg gebracht und ist auch Vorsitzender des Quaz-Trägervereins.
Von seiner Arbeit in der Industrie- und Handelskammer weiß Weik, dass es auch wirtschaftliche Gründe für Integration gibt. "Wenn wir den Schritt der Integration nicht schaffen, dann hat die ganze Gesellschaft ein Problem. Auch die Wirtschaft."
Teilnehmer aus 45 Nationen
Für Zugewanderte sei es besonders wichtig, Deutsch zu lernen, sagt Weik. "Ohne Sprache geht es in fast allen Berufen nicht." Bei Quaz stehen deshalb pro Woche 20 Stunden Deutschunterricht auf dem Programm.
"Da geht es um allgemeinbildenden und auch berufsbezogenen Sprachunterricht", sagt Peter Lübbert, der Leiter des Quaz. Auch bei der beruflichen Qualifikation in den Werkstätten werde nur deutsch gesprochen.
Seit dem Start von Quaz im September 2017 haben 456 Flüchtlinge und Zugewanderte aus 45 Nationen die Qualifizierungsmaßnahmen absolviert. Über 180 von ihnen konnten danach in eine Weiterbildung oder ein Arbeitsverhältnis vermittelt werden.
"Die Bundesagentur für Arbeit sagt selbst, dass das ein großes Erfolgsprojekt ist", freut sich Quaz-Vorsitzender Eric Weik.
Qualifizierungsangebote gibt es für Tätigkeiten in den Bereichen Elektro, Metall, Lager und Logistik, Hotel- und Gaststätten, Pflege, Hauswirtschaft sowie für Maler und Lackierer.
Es sei nicht immer einfach, den Teilnehmern zu vermitteln, dass ihre in der Heimat erworbenen Qualifikationen in Deutschland nicht anerkannt werden, sagt Peter Lübbert. Vor allem Teilnehmer mit einem akademischen Abschluss müssten oft akzeptieren, "hier in einer niedriger qualifizierten Beschäftigung zu arbeiten".
Gute Chancen
Die 50-jährige Nazik Meri etwa, die in Syrien als Lehrerin Biologie und Chemie unterrichtet hat, weiß sehr wohl, dass sie ihre Deutschkenntnisse noch verbessern muss. Aber sie wird demnächst ein Praktikum an der Bochumer Ruhr-Universität absolvieren und zeigt sich zuversichtlich, danach als Assistenz-Lehrerin an einer Real- oder Gesamtschule arbeiten zu können.
Quaz ist für sie ein Sprungbrett. Ebenso wie für den 33-jährigen Godfrey Bright, der in Nigeria als Computergrafik-Designer tätig war und schnell die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt akzeptiert hat. Nach Tätigkeiten in der Altenpflege und als Friedhofsgartenhelfer hat er bei Quaz seine Kompetenzen für die Logistikbranche erkannt. Eine Arbeitsstelle hat Godfrey Bright bereits gefunden und wartet nur noch auf die Arbeitserlaubnis.
Zurzeit betreut das Quaz rund 290 Frauen und Männer, die auf einen Berufseinstieg in Deutschland hoffen. Der Kurs dauert sechs Monate, danach stehen ihre Chancen nicht schlecht - Firmen aus den unterschiedlichsten Branchen fragen bei Quaz-Leiter Peter Lübbert inzwischen nach Absolventen.
Typisch Ruhrgebiet?
Quaz läuft vorerst bis 2020, insgesamt stehen für das Projekt zwölf Millionen Euro aus verschiedenen Töpfen zur Verfügung. Anträge auf Verlängerung des Projekts sind in Vorbereitung.
Das Ruhrgebiet ist schon immer ein Schmelztiegel für Arbeitskräfte aus vielen Ländern gewesen - in diesem Sinne steht das Quaz auch für Kontinuität.
Hinzu kam, dass es mit der ehemaligen Lehrwerkstatt von Opel ideale Voraussetzungen für ein Ausbildungszentrum gab, sagt Eric Weik vom Trägerverein. Trotzdem tauge das Quaz auch als Blaupause für andere Regionen in Deutschland, sagt er. Das hätten zahlreiche Anfragen aus anderen Bundesländern gezeigt.