Mildes Urteil für bosnische Kriegsverbrecher
16. März 2006Die Anklage lautete auf Kriegsverbrechen, die ihre Untergebenen während des Kriegs in Mittelbosnien 1993 und 1994 begonnen hatten. Ihnen wird daher vorgeworfen, dass sie diese Kriegsverbrechen weder verhindert noch bestraft haben. Enver Hadzihasanovic erhielt eine Haftstrafe von fünf Jahren und Amir Kubara bekam dagegen zweieinhalb Jahre.
Befehlsverantwortung nachgewiesen
Der Kommandeur des Dritten Corps der Armee von Bosnien-Herzegowina, General Hadzihasanovic und der Kommandeur der siebten Brigade dieses Corps, Brigadeführer Kubura wurden wegen der Befehlsverantwortung für Straftaten und Verstöße gegen Kriegsbräuche verurteilt. Genauer gesagt tragen sie die Befehlsverantwortung für Mord, grausames Verhalten, rücksichtsloser Zerstörung von Städten und Dörfern, Plünderungen sowie die Zerstörung von konfessionellen Einrichtungen, die ihnen unterstellte Einheiten und Einzeltäter begangen hatten.
Mudschaheddin im Einsatz
Der Hauptpunkt der Anklage bezieht sich auf ausländische Kämpfer, auch bekannt als Mudschaheddin, denen die meisten der begangenen Verbrechen angelastet werden. Sie gehörten zu Corps und zur Brigade der angeklagten Hadzihasanovic und Kubura. Die Richter des UN-Kriegsverbrechertribunals ICTY stellten fest, die Mudschaheddin seien von Mitte 1992 bis August 1993 nach Bosnien gekommen und hätten gegen die Streitkräfte von bosnischen Serben und Kroaten gekämpft. Ferner hätten sie sich dem Kommando der Angeklagten gänzlich entzogen. Die Mudschaheddin begangen zahlreiche Verbrechen in den Dörfern Miletici, Maline, Dusine und anderen im Großraum von Travnik und Zenica. Sie ermordeten etwa 200 Zivilisten, bosnische Kroaten und Serben.
Disziplinlose Kämpfer
Der damalige Generalstabschef der Armee von Bosnien-Herzegowina Rasim Delic, der sich ebenfalls vor dem ICTY zu verantworten hat, ordnete am 13. August 1993 die Einheit "El Mudscchahid" auch formal in den Dritten Corps ein. Somit hätten Hadzihasanovic und Kubura die Befehlsverantwortung für diese Kämpfer getragen - das Tribunal erklärte sie daher für die von den Mudschaheddin begangenen Verbrechen für schuldig. Die Mudschaheddin waren undiszipliniert und entzogen sich direkten Befehlen sowie Kontrollen, schlossen die Richter, aber die Verurteilten, Hadzihasanovic und Kubura, hätten nicht die erforderlichen und logischen Maßnahmen getroffen, um die Täter zu bestrafen.
Anklage gegen die beiden Befehlshaber wurde im Juli 2001 erhoben, die Verhandlung begann im Dezember 2003 und dauerte bis Juli vergangenen Jahres. Im Schlussplädoyer forderte die Anklage eine Haftstrafe von 20 Jahren für Hadzihasanovic und zehn für Kubara. Ihre Anwälte forderten dagegen den Freispruch in allen Punkten der Anklage. Die Zeit, die die Verurteilten in Scheveningen in Haft verbrachten, wird ihnen auf die Gesamtstrafe angerechnet. Da beide in den zwei Jahren zwischen Anklageerhebung und Prozessbeginn zwei Jahre auf freiem Fuß waren, bedeutet es, dass sie wegen der relativ milden Haftstrafen bald das Gefängnis verlassen können.
Dzevdad Sabljakovic, Den Haag
DW-RADIO/Bosnisch, 15.3.2006, Fokus Ost-Südost