Ausrüstung für Kurden auf dem Weg
5. September 2014In der großen Frachthalle steht die insgesamt 70 Tonnen schwere militärische Ausrüstung. Auf 22 Paletten sind Kisten mit Folien und Verladenetzen festgezurrt. Oberstleutnant Christoph von Löwenstern weiß, was sich genau darin befindet: "Auf den Paletten sind insgesamt 9500 Ausrüstungsgegenstände, vor allem sind das 4000 ballistische Schutzwesten, 4000 Helme, 700 Kleinfunkgeräte und 680 Nachsichtfernrohre. Dazu kommt noch Material zur Minen- und Munitionssuche." Keine Waffen also, dafür aber Materialien, die die Bundeswehr selbst auch nutzt und die nun den Kurden im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" helfen sollen, wie der Oberstleutnant betont.
Mehrere Gabelstapler sind dabei, die sperrige Fracht aus der Halle zu befördern. Draußen vor dem Gebäude wartet die russische Riesenfrachtmaschine des Typs Antonov 124. Dieses größte in Serie gebaute Frachtflugzeug hat den Vorteil, dass es sich für die Be- und Entladung senken und in beide Richtungen öffnen lässt. Das ohrenbetäubende Brummen der Turbinen übertönt die Rufe der Arbeiter, bevor sich Nase und Heck des Flugzeugs aufklappen und die Güter im dicken Rumpf der Riesenmaschine verschwinden.
Zwischenlandung in Bagdad: Iraker kontrollieren Fracht
Ziel des Fliegers ist die nordirakische Stadt Erbil, die Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan. Allerdings machte die Maschine einen Zwischenstopp in der irkaischen Hauptstadt, damit die Iraker die gelieferte Fracht untersuchen können. Bei früheren Flügen der Bundeswehr mit humanitären Hilfsgütern im August war der Umweg über Bagdad nicht notwendig gewesen. Dass Misstrauen der irakischen Zentralregierung gegenüber den Kurden eine Rolle spielt, glaubt Oberstleutnant von Löwenstern nicht: "Die Zwischenlandung in Bagdad ist ein normaler Vorgang. Die Zentralregierung prüft, ob das Material, das die Bundesrepublik in Ihren Frachtbriefen angegeben hat, auch wirklich an Bord ist."
Inzwischen ist das Flugzeug in Erbil gelandet. Dort verbleiben die Güter vorerst in deutschen Händen. Der deutsche Generalkonsul als Vertreter des Auswärtigen Amtes nimmt das Material in Empfang und koordiniert federführend die Weitergabe an die Regionalregierung. Um sicherzustellen, dass die Rüstungsgüter auch da ankommen, wo sie hin sollen, wird dokumentiert, an wen sie wo übergeben werden.
Ausbildung durch deutsche Soldaten
Unterstützung bei der Verteilung des Materials an die kurdischen Verbände kommt von sechs Verbindungsoffizieren der Bundeswehr, die bereits in Erbil sind. Dabei werden die Güter nicht einfach nur übergeben, sondern die kurdischen Truppen werden für den Umgang damit geschult. "Hier wird die Bundeswehr auch ausbilden. Das kann entweder durch eine Kurzeinweisung vor Ort im Nordirak passieren oder aber durch etwas längere Einweisungen in etwas komplexere Geräte, zum Teil auch hier in Deutschland. Entscheidend ist eine qualifizierte Übergabe und qualifizierte Einweisung, sodass das Personal auch sicher mit dem Gerät umgehen kann."
Neben den sechs Verbindungsoffizieren können für die Ausbildung der Kurden auch weitere Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr entsendet werden. Ein Mandat sei dafür aber nicht nötig. Wann genau die ersten Waffen aus Deutschland geliefert werden, ist noch unklar. Von Löwenstern rechnet nicht vor Ende September damit.
Schnelle Hilfe für Kurden
Der kurdische Journalist Zinar Shino ist sichtlich erleichtert darüber, dass nun endlich mit den Hilfslieferungen begonnen wird. Er hofft allerdings, dass bald auch die Waffen in sein Land geschickt werden: "Durch die Hilfe der europäischen Länder wird der IS sicherlich gestoppt und auch zurückgeschlagen. Unsere Kollegen, die vor Ort arbeiten und darüber auch berichten, haben uns viele schreckliche Bilder zugesandt. Die kurdischen Truppen, aber auch viele irakische Truppen brauchen sehr viele Waffen, um effektiv gegen den IS kämpfen zu können."
Ob die Waffen den erhofften Frieden bringen, wird sich zeigen. Dass Deutschland Waffen liefern wird, steht jedenfalls seit dem 31. August fest. Gegen ein Uhr in der Nacht zum Freitag hob der erste Flieger mit militärischen Hilfsgütern mit lauten Turbinen ab.