1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Militärstrategie der USA erfolglos

Marcus Bösch23. Dezember 2004

Eine Mehrheit der Amerikaner lehnt die Fortsetzung des Irak-Kriegs inzwischen ab. Experten bemängeln schlecht vorbereitete Soldaten und sehen keine Besserung der Lage. George W. Bush beeindruckt das nicht. Noch nicht.

https://p.dw.com/p/624c
Der Krieg geht weiterBild: AP


Die Sätze wirken vertraut. George W. Bush bekräftigt seine Entschlossenheit. Auch nach den jüngsten blutigen Anschlägen im Irak will der US-Präsident am bisherigen Vorgehen im Irak festhalten. Eine Mehrheit der Amerikaner lehnt eine Fortsetzung des Kriegs im Irak nach neusten Umfragen inzwischen ab.

Katastrophale Sicherheitslage

"58 Prozent der Amerikaner sind gegen den Krieg", erklärt Thomas Jäger, Politologe der Universität Köln, im Gespräch mit DW-WORLD. Fraglich ist nur ob die Kritik am Krieg in der amerikanischen Administration überhaupt wahrgenommen wird. "In der neuen Bush-Administration findet kein kritischer Dialog statt. Die Reihen sind fest geschlossen", sagt Jäger.

Verwundete US-Soldaten nach einem Anschlag während des Mittagessens einer Einheit in Marez bei Mossul im Irak
Verwundete US-Soldaten im Irak: Keine Sicherheit - zu keiner ZeitBild: AP

Trotz katastrophaler Sicherheitslage im Irak lehnt Bush auch eine Verschiebung der bevorstehenden Wahlen Ende Januar 2005 ab. Ob die Wahlen allerdings überhaupt einen sinnvollen Anstoß für die weitere Entwicklung des Landes geben können, ist umstritten. Joachim Krause, Politikwissenschaftler der Uni Kiel, sieht den Wahlen positiv entgegen. Schließlich werde hier endlich Legitimität hergestellt.

Schlecht vorbereitete Soldaten

"Für mich sind die Wahlen lediglich Ausdruck politischer Hilflosigkeit", erklärt hingegen Thomas Jäger. Wahlen an den Beginn eines Demokratisierungsprozess zu stellen, hält Jäger für einen fatalen Fehler. Hier werde ausschließlich symbolische Politik betrieben. Den vorsichtigen Optimismus von Krause kann Jäger nicht teilen. "Die Aussichten im Irak sind düster", urteilt der Kölner Politologe.

Marines trainieren Häuserkampf
Für den Häuserkampf sind die allerwenigsten Reservisten vorbereitetBild: AP

Eine zentrale Rolle für alle weiteren Entwicklungen im Irak spielt der Faktor Sicherheit. Garantiert werden soll diese von inzwischen 153.000 amerikanischen Soldaten. Seit Beginn der Kriegshandlungen waren noch nie so viele Bodentruppen vor Ort. Und noch nie war ein so großer Anteil der beteiligten GIs im Irak so unvorbereitet auf den Einsatz. Denn 43 Prozent der amerikanischen Soldaten sind laut Angaben von globalsecurity.org Reservisten.

Kaum Aussicht auf Erfolg

"Die ehemaligen Soldaten sind generell schon lange raus aus der Truppe und auf einen solchen Einsatz überhaupt nicht vorbereitet", erklärt Jäger. Aber das Pentagon ist auf die Reserve angewiesen. Denn die regulären Truppen sind durch den weltweiten Kampf gegen den Terror längst überlastet. Seit dem zweiten Weltkrieg hat die Armee noch nie so viele Reservisten mobilisiert. "Bei den derzeitigen Anschlägen von Selbstmordattentäter kann man aber letztlich keine Sicherheit garantieren", sagt Politologe Krause. Auch nicht durch das Aufstocken der Truppen.

Massive Luftangriffe der US-Streitkräfte auf Falludscha
Auch massive Luftangriffe bringen im Irak keinen langfristigen und durchschlagenden ErfolgBild: AP

So bleiben die US-Truppen offenbar auch rund 21 Monate nach dem Einmarsch ohne klare Aussicht auf einen durchgreifenden Erfolg. Ob die Amerikaner überhaupt in der Lage sind den andauernden Konflikt zu befrieden? "Ich würde die Frage zunehmend mit Nein beantworten", sagt Jäger. Joachim Krause hofft unterdessen weiter auf einen Meinungsumschwung im Irak nach der Wahl.

Kritische Marke: 65 Prozent

Wann die Amerikaner aus dem Irak abziehen werden ist noch völlig offen. Während Krause einen Zeitraum von drei bis vier Jahren prognostiziert, gibt sich Jäger kritischer. "Das wird allein in den USA entschieden", sagt er. Bisher sei es Präsident Bush mehrmals gelungen, die öffentliche Meinung in seinem Sinne umzudrehen. So habe er sich häufiger die Unterstützung für seine Politik gesichert.

Ob Medienberichte über neue Foltervorwürfe und Studien über hunderttausende von seelisch geschädigten Veteranen die Zahl der amerikanischen Kriegsgegner weiter ansteigen lässt, bleibt abzuwarten. "Ab einer Marke von 65 Prozent wird es für Bush und den Einsatz im Irak kritisch", sagt Jäger. Bis dahin wird der Präsident weiter Entschlossenheit demonstrieren.