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Lohnt sich die Wahl in Weißrussland?

Elena Danejko, Roman Goncharenko10. September 2016

Weißrussland wählt ein neues Parlament. Nach der Aufhebung der EU-Sanktionen bemüht sich die autoritär regierte frühere Sowjetrepublik, die Abstimmung demokratischer erscheinen zu lassen.

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Weißrussland - Wahl Copyright: DW/E. Daneyko
Am 11. September findet in Weißrussland die Parlamentswahl stattBild: DW/E. Daneyko

Es gibt keine Plakate und keine Porträtsfotos. Wer durch Weissrusslands Hauptstadt Minsk fährt, spürt kaum etwas von den bevorstehenden Parlamentswahlen am Sonntag. Es scheint, als wolle die Regierung die Abstimmung still und ohne große Aufregung verlaufen lassen.

Rund sieben Millionen Wahlberechtigte sollen am 11. September aus etwa 490 Kandidaten 110 Mitglieder der Nationalversammlung bestimmen. Es herrscht Mehrheitswahlrecht.

Beobachter schätzen, dass das Interesse an der Wahl eher gering sei. Aufgrund der wirtschaftlichen Probleme seien die meisten Bürger damit beschäftigt, zu überleben. Außerdem habe das Parlament "sowieso nichts zu sagen", wie es eine Passantin in Minsk formuliert.

Erste Wahl nach aufgehobenen Sanktionen

Die ehemalige Sowjetrepublik wird seit über 20 Jahren von Präsident Alexander Lukaschenko regiert, in westlichen Medien noch bis vor wenigen Jahren als "Europas letzter Diktator" bekannt.

Lukaschenko Copyright: Getty Images/AFP/Ria Novosti/S. Guneev
Seit Februar darf "der letzte Diktator Europas" Lukaschenko wieder in die EU einreisenBild: Getty Images/AFP/Ria Novosti/S. Guneev

Heute scheint diese Beschreibung vergessen zu sein. Es ist die erste Wahl in Weißrussland, nachdem die EU-Sanktionen aufgehoben wurden. Vor rund sechs Monaten, im Februar, hat die EU Kontosperrungen und Einreiseverbote fallengelassen, die auch gegen Lukaschenko wegen Menschenrechtsverletzungen eingeführt wurden.

Vor dem Ende der Sanktionen waren mehrere verhaftete weißrussische Politiker freigelassen worden, die im Westen als politische Häftlinge eingestuft wurden. Anders als früher gab es auch keine eklatanten Menschenrechtsverletzungen bei Lukaschenkos Wiederwahl 2015. Und seine Vermittlerrolle im Ukraine-Konflikt schien die EU honorieren zu wollen.

Vor diesem Hintergrund bemüht sich Minsk, die Parlamentswahl in den Augen des Westens sauber erscheinen zu lassen. "Wir wollen alles tun, damit diese Wahl demokratischen Kriterien entspricht", sagte Lukaschenko Ende August.

Oppositionsjournalist im Rat der Wahlkommission

Beobachter bleiben jedoch skeptisch. "Die Parole heißt: Das Ergebnis soll den Regierungswünschen entsprechen, doch nach außen soll es wie in Europa aussehen", sagt der Minsker Politik-Experte Jurij Tschausow der DW.

So wurde unter anderem zum ersten Mal ein Vertreter oppositioneller Medien, Andrej Bastunez, Mitglied im Medienrat der Zentralen Wahlkommission. Der Rat beschäftigt sich mit Beschwerden über Wahlberichterstattung.

Bastunez leitet den unabhängigen weißrussischen Journalistenverband und schätzt die Arbeit des Rats kritisch ein. "Das ist eher eine Vortäuschung demokratischer Aktivitäten, um die Lage mit der Wahlberichterstattung verschleiern zu lassen", sagte Bastunez der DW.

Weißrussland - Wahl Copyright: DW/E. Daneyko
Wählen? Wofür? Beobachter schätzen das Interesse an der Wahl als eher gering einBild: DW/E. Daneyko

Einschüchterungen der Opposition

Auch eine Opposition dürfte im neuen Parlament nach wie vor nicht geben. Zum einen sind Lukaschenkos politische Gegner seit Jahren über mehrere Parteien zerstreut und dadurch geschwächt. Zum anderen war es für oppositionelle Kandidaten auch diesmal besonders schwer, sich für die Wahl registrierten zu lassen.

So hat die oppositionelle Vereinigte Bürgerpartei in der Stadt Mogyljow in jedem der vier Wahlbezirke Kandidaten aufgestellt. Doch registriert habe man nur zwei, sagte der DW Wladimir Schanzew, Gebietschef der Partei.

Besonders besorgt sei er wegen eines Politikers, der plötzlich seine Kandidatur zurückzog. Am Arbeitsplatz habe man dem jungen Mann angedeutet, dass "wegen Politik nicht er, sondern Menschen aus seinem Umfeld Probleme bekommen würden", sagt Schanzew. "Anstatt einer Liberalisierung, die manche erwarten, haben wir nur eine Aufhübschung der Obrigkeit bekommen. Ihr Kern ist unverändert geblieben."