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Mit Radar durch Wände sehen

Fabian Schmidt21. Oktober 2012

Was geht in einem Raum vor, in dem sich Entführer mit Geiseln verschanzt haben? Sind noch Menschen in einem brennenden Gebäude? Mit einem Radar können Polizei und Feuerwehr diese Fragen beantworten.

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Radargerät, mit dem Einsatzkräfte durch Wände schauen können (Foto: DW/ Fabian Schmidt)
Bild: DW/F. Schmidt

Superhelden, die durch Wände schauen, gab es bisher nur in Science-Fiction-Filmen. Supermann hatte einen Röntgenblick, der ihm half, Notlagen zu erkennen und Verbrecher zu fangen. Auch Polizei und Feuerwehr in der realen Welt wären froh, wenn sie sehen könnten, was sich hinter einer Wand abspielt. Nun kann ihnen geholfen werden: zwar nicht mit Supermanns Röntgenaugen – dafür aber mit Radarantennen eines Ultra-Weitband-Radars (UWB-Radar) der Technischen Universität Ilmenau.

Rudolf Zetik (Foto: DW/ Fabian Schmidt)
Rudolf Zetik will gefährliche Einsätze sicherer machenBild: DW/F. Schmidt

Die Antennen bestehen aus drei handgroßen, metallenen Trichtern, die waagerecht in einer Linie aufgebaut sind. Ihre Öffnungen richten sich direkt gegen die Mauer, die es zu durchblicken gilt. "Damit senden wir elektromagnetische Wellen", erklärt der Forscher Rudolf Zetik. "Wenn diese Wellen auch tiefe Frequenzen beinhalten, können sie sehr leicht durch Wände dringen. Sie stoßen dann zum Beispiel an eine Person, die sie reflektiert."

Radar erkennt Bewegungen

Mit einem Empfänger fangen die Ilmenauer Informatiker die zurückgeworfenen Radarwellen auf und speisen sie über einen Empfänger in den Computer ein. Auf dem Bildschirm sieht man zunächst nur ein sogenanntes Rauschen - wie auf einem Fernsehbildschirm ohne Signal. Aber wenn sich jemand hinter die Wand stellt, oder sich dort bewegt, entstehen Wellenlinien: Sie werden mal dichter, mal weiter und sie verändern auch ihre Farbe.

Die Wellen geben den Informatikern allerhand Informationen: Steht jemand hinter der Wand? Atmet die Person? Wie stark ist der Herzschlag? "Das heißt nach einem Erdbeben können wir damit auch ohnmächtige, verschüttete Personen detektieren", erläutert Zetik.

Computerauswertung der Radarwellen eines Radargerätes (Foto: DW/ Fabian Schmidt)
Der Computer stellt den Abstand von Personen in Wellenbewegungen darBild: DW/F. Schmidt

Für den ungeübten Beobachter ist zwar nicht sofort erkennbar, wo im Raum die Person steht, aber Zetik kann erkennen, wie weit sie vom Sender entfernt ist und ob sie sich nähert oder entfernt. Um zu orten, wo sich die Menschen im Raum aufhalten, hilft den Forschern eine weitere Antenneneinheit. Zetiks Kollegin Snezhana Jovanoska hat sie an einer zweiten Wand des Raumes aufgestellt.

Zweidimensionales Radar-Bild

Weil nun Daten aus verschiedenen Richtungen kommen, entsteht mit Hilfe eines Computerprogramms ein zweidimensionales Bild. "Wenn man die Sensoren um den Raum herum verteilt, bekommt man eine bessere Vorstellung, was darin ist", sagt die Infromatikerin. Nun lässt sich erkennen, in welche Richtungen die Personen gehen und wo sie sich aufhalten.

"Man könnte zum Beispiel auch erkennen, wo sich Feuerwehrleute in einem Gebäude aufhalten, falls diese in Gefahr geraten," sagt Jovanoska. Außerdem böte der Radar auch eine Möglichkeit für Polizisten, bei einer Geiselnahme zu verfolgen, was sich in einem Raum abspielt, in dem sich Entführer mit ihren Opfern verschanzt haben: Wie weit sind sie von den Geiseln entfernt? Ruhen sie sich aus? Laufen sie hektisch herum?

Snezhana Jovanoska (Foto: DW/ Fabian Schmidt)
Snezhana Jovanoska baut ein Gerät zur Suche VerschütteterBild: DW/F. Schmidt

Weil die Einsatzkräfte im Notfall schnell präzise Informationen brauchen, muss die Bildschirmoberfläche für den Einsatz so einfach wie möglich gestaltet sein. Die Daten aus dem Wellenbild müssen also in einem allgemein verständlichen Format wiedergegeben werden: "Wir zeigen auf der Oberfläche nur die für den Anwender wesentlichen Informationen", sagt Zetik. So sind auf dem Bildschirm, neben den roten und blauen Punkten, die die Antennen symbolisieren, nur grüne Punkte zu erkennen - die Menschen. "Oder wir können umschalten und zeigen, wie schnell oder langsam eine Person atmet", erklärt der Erfinder. "So können wir auch den Gesundheitszustand dieser Person bestimmen."

Radar auch für Rettungseinsatz geeignet

Dass der Blick durch die Wand auch unter wirklichen Einsatzbedingungen funktioniert, konnten die Forscher bereits bei einem Test unter Beweis stellen. In Ilmenau haben Jovanoska, Zetik und ihre Kollegen eine Erdbebensituation nachgestellt: Eine Person wurde mit mehreren Metern Schutt und Geröll bedeckt. Die Schicht bestand aus verschiedenen Materialien. Die verschüttete Person atmete nur und verhielt sich ansonsten still. "Wir konnten genau lokalisieren: Wie viele Meter unter dem Schutt sie liegt", so Jovanoska.

Noch ist das Radar-System der Ilmenauer Forscher aber nicht in einem echten Rettungseinsatz genutzt worden. Doch schon bald könnte es soweit sein: Das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Information und Ergonomie in Wachtberg hilft den Erfindern dabei, ihre Idee zur Serienreife zu bringen.