Chaos auf hoher See
29. Mai 2007Die EU-Kommission hat die verzögerte Rettung von knapp 30 im Mittelmeer treibenden afrikanischen Flüchtlingen verurteilt. Jedes Schiff habe die Pflicht, Leben zu retten, erklärte der Sprecher von EU-Innenkommissar Franco Frattini am Dienstag (29.5.07) in Brüssel. "Dazu besteht nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch eine juristische", sagte
Friso Roscam Abbing. "Wir appellieren an alle Mitgliedstaaten, sich um die Einwanderer zu kümmern", erklärte er.
Zugleich musste Abbing aber einräumen, dass die Kooperation der Mittelmeeranrainer bei Seepatrouillen, die die EU angestoßen hatte, "in diesem Fall nicht sehr gut funktioniert hat". Die europäische Grenzschutzagentur Frontex prüfe derzeit, welches Land wann für Bootsflüchtlinge in Seenot zuständig sei, sagte der Kommissionssprecher. Es gebe noch große Unsicherheiten im Seerecht.
27 Afrikaner trieben 24 Stunden lang im Meer
Medienberichten zufolge trieben am Wochenende 27 Afrikaner rund 24 Stunden lang im Meer zwischen Libyen und Malta, bis sie am Samstagabend von der italienischen Marine gerettet wurden. Laut den Berichten überlebten sie nur, weil sie sich an Käfigen festklammerten, die zur Aufzucht von Tunfisch dienen. Die Rettung habe sich verzögert, weil Malta und Libyen sich über die Zuständigkeit nicht einig geworden seien.
In einem zweiten Fall wurden laut der spanischen Zeitung "El Pais" 26 zwischen Libyen und Malta verunglückte Flüchtlinge von einem spanischen Fischerboot gerettet und nach Spanien gebracht. Das EU-Mitglied Malta weigerte sich offenbar, die Afrikaner aufzunehmen. EU-Kommissionssprecher Abbing rief die Mitgliedstaaten dazu auf, "sich abzusprechen und zu klären, wer die Verantwortung für die Flüchtlinge übernimmt".
Gemeinsame Patrouillen
Die EU-Grenzschutzagentur Frontex hatte erst in der vergangenen Woche angekündigt, dass dank einer verstärkten Zusammenarbeit der Mittelmeerstaaten nun die ständige Überwachung der südlichen EU-Seegrenzen sichergestellt sei. Die Mittelmeer-Anrainer wollen demnach künftig gemeinsame Patrouillen unternehmen.
Im April und Mai hat es bereits einen gemeinsamen Einsatz gegeben. Weitere Kontrollfahrten sollen in den nächsten Wochen folgen. Die genauen Daten und Einsatzorte der Operationen will die EU-Kommission aber nicht mitteilen, um Menschenschmugglern keine Hinweise zu geben. (tos)