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Moderater Aufpreis

10. September 2002

Lange haben sich die Eidgenossen gesträubt, nun ist es doch so weit: Die Schweiz tritt der UNO bei – und hat gute Vorsätze.

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Die Schweiz und die UNO - keine Liebe auf den ersten BlickBild: AP

Vom Beobachter zum Mitglied - die Schweiz nimmt heute (10. September) stimmberechtigt Platz inmitten der Völkerfamilie der Vereinten Nationen und gibt den seit 1948 währenden Beobachterstatus auf. Der politische Willensbildungsprozess zu diesem Schritt blieb bis zuletzt eine Zitterpartie, schließlich gehörte die strikte Neutralität bis dato elementar zum eidgenössischen Selbstverständnis.

Im zweiten Anlauf

Dementsprechend knapp verlief im März diesen Jahres die Abstimmung: Nicht nur eine Mehrheit aller Wähler musste der Vorlage zustimmen, sondern auch die Mehrzahl der 26 Schweizer Kantone und Halbkantone. Zum Schluss ergab die Kantonszählung, bei der die sechs Halbkantone nur mit einer halben Stimme gerechnet werden, eine Mehrheit von zwölf zu elf für den Beitritt. Das Votum ermächtigt den Schweizer Bundesrat, bei UN-Generalsekretär Kofi Annan formell die Aufnahme in die Vereinten Nationen zu beantragen. Das war das zweite Mal, dass die Schweizer darüber abgestimmt haben, ob das Land Mitglied der Vereinten Nationen (UNO) werden soll oder nicht. 1986 hatten die Schweizer schon einmal über einen Beitritt zur UN abgestimmt. Damals war die Mehrheit noch eindeutig dagegen.

Die Schweiz, die Globalisierung und die UNO

Doch die Zeichen der Zeit sind auch an der Schweiz nicht vorübergegangen: Im Zeitalter der Globalisierung rücken die Staaten der Welt enger zusammen. Um so wichtiger ist die Rolle der UN als "Marktplatz der Welt" – hier treffen sich alle zum Reden. Hier und nur hier wird darum gerungen, die Probleme der Globalisierung in den Griff zu bekommen. Dafür erhielten die UN und ihr Generalsekretär Kofi Annan 2001 den Friedensnobelpreis. Umgekehrt heißt das: Wer nicht mit dabei ist, der steht draußen vor der Tür, wenn diskutiert und um Abmachungen gerungen wird – das scheint trotz aller Bedenken schließlich auch einer Mehrheit der Schweizer eingeleuchtet zu haben.

Selbstbewusst, nicht belehrend

Außer dem Vatikan, Taiwan, der Westsahara und den Palästinensern sind inzwischen alle Länder der UNO beigetreten. Die Schweiz wird das 190. Mitglied der Vereinten Nationen sein und möchte nach Aussagen der Regierung aktiv und engagiert in der Weltpolitik mitmischen. Wenn die 57. UN-Generalversammlung die erste Session mit schweizerischer Mitgliedschaft sein wird, will das Alpenland "als Neuling selbstbewusst, aber nicht belehrend auftreten", wie es das Außenministerium in Bern formuliert. Das Schwergewicht ihres Engagements werde die Schweiz auf das humanitäre Völkerrecht, die Sanktionenpolitik und die UN-Reformen legen. Die Schweiz strebt Sitze in der Menschenrechts-Kommission der Vereinten Nationen sowie im UN-Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) an.

Keine Einwände

Die Mitglieder des Sicherheitsrates wurden jedoch eigens über den Neutralitätspassus informiert, den die Schweiz ihrem Beitrittsgesuch beifügt hatte. Es gab keine Einwände, wie in Bern vermerkt wurde. Bereits 1815 hatte der Wiener Kongress die immer währende Neutralität der Schweiz anerkannt. Und so wird die Generalversammlung in New York die Schweiz per Akklamation in die Vereinten Nationen aufnehmen. Die Kosten des Beitritts werden sich für die sparsamen Schweizer in Grenzen halten. Etwa 50 Millionen Franken (34 Millionen Euro) müssen zusätzlich aus Bern nach New York überwiesen werden, wohin schon heute etwa eine halbe Milliarde Franken im Jahr fließen. Eigentlich ein moderater Aufpreis, um nicht nur mitbezahlen, sondern nun auch mitbestimmen zu können. (dpa/os)