Schuldenkrise
13. Juli 2011Die Schuldenkrise in Europa eskaliert. Zwar entspannte sich die Situation an den Finanzmärkten am Mittwoch (13.07.2011) nach dem Italien-Schock ein wenig. Und auch die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Irlands auf Ramsch-Status durch die Ratingagentur Moody's erschütterte die Börsen nicht aufs Neue. Dennoch schrillen in Europas Hauptstädten die Alarmglocken lauter als je zuvor. In den düstersten Szenarien wird bereits das Ende der Währungsunion in Europa beschworen. Immer öfter gerät nun auch die zögerliche Haltung der Regierung in Berlin in die Kritik, die eine Lösung der Schuldenkrise verschleppe und immer teurer mache.
Am Abend stufte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit Griechenlands weiter herab. Sie senkte die Note um drei Stufen von B+ auf CCC. Das ist bei Fitch die letzte Stufe vor dem Zahlungsausfall.
"Systemische Krise"
An deutlichen Worten hat es in dieser Woche nicht gefehlt. "Die Krise ist jetzt systemisch", sagte Olli Rehn, der EU-Währungskommissar. Systemisch - dieses Wort steht mittlerweile als Synonym für die Finanzkrise vor drei Jahren. Es besagt: Eine Bank fällt und reißt andere mit in den Abgrund. Im Falle der europäischen Schuldenkrise bedeutet es: Erst Griechenland, dann Portugal und Irland - und schließlich sogar Italien fallen wie Dominosteine. Daher mehren sich die Stimmen, die einen Schuldenschnitt für Griechenland fordern, um den gewaltigen Druck im Euro-Kessel etwas zu mildern. Selbst der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bricht mittlerweile mit diesem Tabu-Thema: Um die Schuldentragfähigkeit Griechenlands zu verbessern, "werden wir alle Instrumente nutzen, die möglich sind". Im deutschen Fernsehen sagte Schäuble weiter, auch ein "Schuldenerlass für Athen gehört in den Katalog der Überlegungen".
Schuldenschnitt wäre beherrschbar
Unterstützung bekommt der Minister von Martin Blessing, dem Chef der Commerzbank. Unsicherheit und Misstrauen unter den Anlegern hätten sich in den vergangenen Tagen verschärft. "Deshalb muss eine andere Lösung für Griechenland her, als immer neue Kreditpakete zu schnüren", wird Blessing in der Mittwochsausgabe der "Bild"-Zeitung zitiert. Griechenland müsse einen Teil seiner Schulden "abstreifen". Dies wäre "für die privaten Banken der Euro-Staaten kein gewaltiges Beben", meint der Chef von Deutschlands zweitgrößter Privatbank. Auch Lars Feld von der Universität Freiburg, der dem Rat der sogenannten Wirtschaftsweisen in Deutschland angehört, plädiert in der gleichen Zeitung für den Haircut: "An einem Schuldenschnitt für Griechenland führt kein Weg vorbei."
Umschuldung wird kommen
Ebenfalls wieder im Gespräch sind sogenannte Euro-Bonds, also Staatsanleihen für die gesamte Euro-Zone. Peter Bofinger von der Universität Würzburg, wie Lars Feld einer der Wirtschaftsweisen, sagte der Rheinischen Post: "Wir werden erst Ruhe bekommen, wenn wir die Euro-Bonds bekommen." Allerdings ist die deutsche Regierung bislang strikt dagegen. Zinsen für Euro-Anleihen würden wegen des höheren Risikos deutlich höher liegen als für Bundesanleihen. Das würde es für Deutschland teurer machen, wenn neue Schulden aufgenommen werden müssten. Zumal würde Deutschland - wie jedes andere Land dann auch, gesamtschuldnerisch für die Euro-Bonds haften.
So oder so wird sich eine Umschuldung Griechenlands nicht mehr vermeiden lassen. Der Chef des weltgrößten Anleihehändlers Pimco, Mohamed El-Erian, erwartet dies in den kommenden sechs Monaten, "hoffentlich in geordneter Form", sagte er im Interview mit dem "Handelsblatt" vom Mittwoch. Für Portugal und Irland könnte sich seinen Worten zufolge eine Umstrukturierung der Schulden vermeiden lassen – und auch für Spanien und Italien sieht der Pimco-Chef diese Gefahr nicht. Die Tochtergesellschaft des Versicherers Allianz ist mit einem verwalteten Vermögen von einer Billion Dollar weltweit die Nummer eins unter den Anleiheinvestoren.
Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Martin Schrader