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Energiewende in Bürgerhand

Gero Rueter27. November 2013

Die Deutschen wollen eine schnelle Energiewende und selbst in erneuerbare Energien investieren. Um das Interesse zu erhalten, sollte man ihnen deshalb mehr Möglichkeiten bieten, sagt Energieexperte René Mono.

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Dr. René Mono, Geschäftsführer "100 prozent erneuerbar stiftung" (Foto: 100 prozent erneuerbar stiftung)
Energieexperte René Mono ist Geschäftsführer der "100 prozent erneuerbar stiftung"Bild: 100 prozent erneuerbar stiftung

Deutsche Welle: Herr Mono, Sie haben die Deutschen vom Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid zur Energiewende befragen lassen. Was sind die Ergebnisse?

René Mono: Die deutsche Bevölkerung will eine dezentrale Energiewende und die Bürgerinnen und Bürger wollen sich daran beteiligen. Sie wollen Anteile an einem Windrad oder einer Solaranlage erwerben können und auch mitbestimmen, ob, wann, wo und wie eine Anlage gebaut werden soll.

Erneuerbare Energien kosten zunächst allerdings Geld - die Investitionskosten sind anfangs hoch. Möchte die Bevölkerung denn auch unter diesen Voraussetzungen bei der Energiewende mitmischen?

Gut ein Drittel der Menschen würden sich gerne mit kleinen Geldbeträgen an einer Solaranlage oder Windpark in ihrer Region beteiligen. Überraschend ist, dass dieser Wunsch bei Einkommen im mittleren Bereich besonders ausgeprägt ist, also Menschen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 1000 bis 2000 Euro im Monat. Nicht nur Reiche wollen investieren.

Mit der "100 Prozent erneuerbar stiftung" wollen Sie bei der Energiewende in Deutschland helfen. Was ist wichtig?

Die hohe Zustimmung zur Energiewende in der Bevölkerung muss man erhalten. Die Bürger wollen, dass die Energiewende richtig abläuft, wollen Infrastrukturmaßnahmen nachvollziehen können und dass die Energiewende gerechter abläuft. Und das geht nur, wenn man die Menschen mitnimmt, ihnen die Möglichkeit gibt mitzureden und sie eben auch kleinere Beträge investieren können.

Wichtig ist es, dass die sogenannten Markteintrittsbarrieren niedrig bleiben. Dafür hat bisher das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gesorgt. Eine zukünftige Reform des EEG muss so gestaltet werden, dass diese Mitbeteiligung der Menschen weiterhin möglich ist. Wir dürfen nicht zulassen, dass nur noch hoch professionalisierte Akteure mit erneuerbaren Energien umgehen können. Auch Bürgerenergiegenossenschaften und Solarfördervereine sollen weiter investieren können.

Was sind die wesentlichen Elemente, damit sich viele Bürger beteiligen?

Investitionssicherheit. Der erzeugte Wind- oder Sonnenstrom muss abgenommen und vergütet werden.

Es gibt auch Verlierer bei der Energiewende - fossile und atomare Kraftwerke rentieren sich immer weniger und werden abgeschaltet. Große Energiekonzerne verlieren Marktmacht. Wie versucht diese Branche, sich zu wehren?

Diese Branche wehrt sich momentan massiv. Das ist verständlich, weil ihr Geschäftsmodell komplett zusammenfällt. Die großen Energiekonzerne waren viel zu lange der Meinung, dass die erneuerbaren Energien nicht so ernst zu nehmen sind und der gesellschaftliche Wille zur Investition in erneuerbare Energien nicht so groß ist. Jetzt sehen die Energiekonzerne, dass die Energiewende nicht mehr aufzuhalten ist. Über Tricks versuchen sie, die Energiewende so zu gestalten, dass sie vielleicht doch noch ein paar Euro verdienen können.

Auch versuchen sie, zu verbreiten, dass die erneuerbare Energien zu einer rasanten Kostensteigerung des Strompreises führen. Das ist falsch. Der Strom aus einer Windenergieanlage ist sogar billiger als aus einem neuen Kohle- oder Gaskraftwerk.

Wie geht es in Zukunft weiter?

Die Bevölkerung hat jetzt das Selbstbewusstsein und nimmt die Stromerzeugung selbst in die Hand. Das ist ein ganz starker, gesellschaftlicher Trend. Die großen Energiekonzerne werden sich weiterhin bemühen dies aufzuhalten, weil ihnen das nicht geheuer ist und sie Marktanteile verlieren.

Wo wird Deutschland 2020 stehen?

Wir werden ein großes Stück weitergekommen sein und weit über 40 Prozent des Strombedarfs mit erneuerbaren Energien decken können. Im europäischen Vergleich gibt es andere europäische Staaten die noch schneller sind. Dänemark, Portugal und auch Spanien sind bei der Umstellung auf Wind- und Solarenergie weit, da muss sich Deutschland weiter ins Zeug legen, um europäisch vorne mitspielen zu können. Aber Deutschland ist die größte Industrienation in Europa, hat sich eindeutig für erneuerbare Energien ausgesprochen. Wir hoffen sehr, dass Deutschland die Vorbildrolle erfüllt.

René Mono ist Geschäftsführer von "100 Prozent erneuerbar stiftung". Die Stiftung unterstützt eine dezentrale Energiewende und wurde von Fred Jung und Matthias Willenbacher gegründet. Den beiden Energiepionieren gehört das Unternehmen juwi bei Mainz. Juwi plant und baut weltweit Wind-, Wasser-, Biomasse- und Solarkraftwerke.

Das Interview führte Gero Rueter.