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Klimaschutz versus Artenschutz

Fabian Schmidt28. März 2014

In Deutschland ist fast jede dritte Tierart bedroht. Ein Grund: Wiesen werden mit Mais als Rohstoff für Biogas bepflanzt. Unsicherheiten gibt es noch über den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Artensterben.

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Wolfsmilchschwärmer (Foto: BUND/ W. Schön).
Der Wolfsmilchschwärmer - Insekt des Jahres 2014 - ist im Bestand rückläufigBild: picture-alliance/dpa/BUND/W. Schön

Am Mittwoch (26.03.2014) stellte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in Berlin die bisher umfassendste Bestandsaufnahme zur Artenvielfalt in Deutschland vor. Das Ergebnis ist zweideutig: Einerseits geht es bestimmten Arten - wie dem Seeadler oder den Wildkatzen - besser und auch Deutschlands Flüsse und Seen sind heute viel sauberer als noch vor einigen Jahrzehnten. Andererseits gelten noch immer viele Arten als massiv bedroht.

Dieses Paradoxon lässt sich aber einfach erklären: Schutzmaßnahmen in bestimmten Naturschutzgebieten und Nationalparks zeigen ebenso ihre nachhaltige Wirkung wie die rigorose Umsetzung von Gesetzen zur Reinhaltung des Wassers.

Uferschnepfe auf Feuchtwiese (Foto: picture alliance/WILDLIFE).
Die Uferschnepfe ist durch die Umnutzung von Wiesen und Weiden in Ackerflächen und durch den Verlust von Feuchtgebieten bedrohtBild: picture-alliance/WILDLIFE

Monokulturen lassen keinen Raum zum Leben

Gleichzeitig leiden andere Arten, die auf bewirtschafteten Flächen oder in siedlungsnahen Räumen leben, immer mehr unter Monokulturen, Straßenbau und der Absenkung des Grundwasserspiegels durch Baumaßnahmen. Besonders Insekten und Vögel seien davon betroffen, zum Beispiel der Kiebitz oder die Uferschnepfe.

"Viele Arten wie Schmetterlinge oder Bienen leiden darunter, dass blütenreiche Wiesen in Maisäcker umgewandelt werden", sagte Hendricks. Mais wird in Deutschland vor allem als Rohstoff für Biogasanlagen eingesetzt. Der Anbau hat sich deshalb seit der Energiewende deutlich gesteigert. Auch als Futtermittel für Nutztiere dient die Pflanze.

Hendricks forderte deshalb, Weiden und Wiesen vor einer Umwandlung in Äcker zu schützen. Auch der Trend zum Anbau von immer mehr Energiepflanzen müsse gestoppt werden. "Bereits heute wachsen auf mehr als 17 Prozent der deutschen Ackerflächen Energiepflanzen - das reicht."

Hindernisse im Luftraum

Neben dem Flächenverbrauch nennt der Bericht des Bundesumweltministeriums unter anderem auch Windkraftanlagen als Bedrohung für Zug- und Greifvögel.

Andere Gefahren für Zugvögel seien auch die Jagd, vor allem in Südeuropa und Nordafrika, oder andere Hindernisse im Luftraum, etwa Freileitungen und Funktürme. Auch die Überweidung, Trockenlegung von Feuchtgebieten und die "komplexen Auswirkungen des Klimawandels" bedrohten die Artenvielfalt, heißt es in dem Bericht.

Differenzen um die Bedeutung des Klimawandels

Zahlreiche Forscher gingen bisher davon aus, dass viele Arten sich nur schwer an kurzfristige Veränderungen des Klimas anpassen können und daher durch den Klimawandel massiv bedroht seien. Für diese These gibt es allerdings noch wissenschaftliche Unsicherheiten. So beruft sich das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner Ausgabe vom 24. März auf dem zweiten Teil des neuen Sachstandsberichtes des Weltklimarates IPCC.

Der Spiegel berichtet, dass der Weltklimarat von seiner zuvor nachdrücklich vertretenen These Abstand nehme, der Klimawandel bedrohe die Artenvielfalt. So gebe es zwar ein "Aussterberisiko für einen substanziellen Teil der Spezies im 21. Jahrhundert und darüber hinaus", aber es gebe bislang keinen Beweis, dass der Klimawandel auch nur zum Aussterben einer einzigen Art geführt habe. Ferner spreche der Bericht von "offenkundigen wissenschaftlichen Unsicherheiten."

Allenfalls beim Verschwinden einiger Lurche, Süßwasserfische und Weichtiere könnte der Klimawandel möglicherweise eine Rolle gespielt haben. Der Spiegel beruft sich auch auf den Rostocker Zoologen Ragnar Kinzelbach, der davor warnt, dass Artensterben kritiklos dem Klimawandel anzulasten. Hauptgründe für die Bedrohung der Arten seien Monokulturen, Überdüngung und Bodenzerstörung.

Maisfeld (Foto: Annette Zoepf/dapd).
Mais ist der Hauptenergieträger in BiogasanlagenBild: Annette Zoepf/dapd

Von der Deutschen Welle auf den Spiegel-Artikel angesprochen, erklärte Bundesumweltministerin Hendricks am Freitag (28. März 2013) nach einem Treffen der deutschsprachigen Umweltminister auf dem Petersberg bei Bonn, dass ihr und ihren Kollegen der Sachstandsbericht des IPCC noch nicht vorliege, räumte aber ein, dass es unter den Autoren widerstreitende Meinungen gebe.

"Man kann lesen, dass es offenbar Streit zwischen zwei Schulen innerhalb des Komitees gibt", sagte Hendricks. "Welches Ergebnis dann dort gefunden werden wird, weiß ich noch nicht. Ich bin aber sehr sicher, dass wir weiterhin daran arbeiten werden, den Klimawandel auf maximal zwei Grad Erderwärmung zu begrenzen. Von dem Ziel werden wir uns sicherlich nicht verabschieden."