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NATO will abschrecken

Bernd Riegert5. Februar 2015

Geschlossenheit und Entschlossenheit wollten die NATO-Verteidigungsminister demonstrieren. Das ist gelungen, aber ob das Russland im Ukraine-Konflikt zum Einlenken bringt, ist fraglich, meint Bernd Riegert in Brüssel.

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NATO Russland Ukraine Krise Pressekonferenz
Windrose vor dem NATO-Hauptquartier in BrüsselBild: Georges Gobet/AFP/Getty Images

Der Westen sendet unterschiedliche Signale nach Moskau. Einerseits starten Deutschland und Frankreich einen neuen Versuch, einen Waffenstillstand zu vermitteln, trotz aller Rückschläge in den vergangenen Monaten. Auf der anderen Seite verstärkt die NATO, wenn auch in überschaubarem Umfang, ihre Truppenpräsenz an ihrer Ostgrenze. Sie will Russland zeigen, dass NATO-Gebiet, anders als die Ukraine, auf jeden Fall kollektiv militärisch geschützt würde. Die Abschreckung, eine nach dem Kalten Krieg schon fast vergessene Vokabel, ist wieder da. Die Hoffnung bleibt, dass beide Signale kombiniert beim russischen Präsidenten endlich ihre gewünschte Wirkung erzielen. Das wäre vor allem den Menschen in der Ostukraine zu wünschen, die unter den heftiger werdenden Kämpfen zwischen pro-russischen Separatisten und ukrainischen Truppen leiden müssen.

Militärisch wird die NATO in den Krieg in der Ostukraine nicht eingreifen. Das haben die Verteidigungsminister in Brüssel und auch der Oberkommandierende, US-General Breedlove, noch einmal deutlich gemacht. Eine Lösung des Konflikts ist nur durch politischen und vor allem wirtschaftlichen Druck auf Russland möglich. Doch das kann noch lange dauern und jeder Tag ist eigentlich einer zu viel, denn jeden Tag sterben für diesen unsinnigen Krieg Menschen in der Ukraine. Der Ruf der ukrainischen Regierung nach Waffen aus dem Westen ist verständlich. Man darf ihm aber nicht nachgeben. Waffenlieferungen würden die Lage noch komplizierter machen als sie schon ist. Moskau hätte einen willkommenen Vorwand, um offiziell in den Krieg einzutreten und die pro-russischen Rebellen erst recht mit modernen Waffen auszurüsten. Auch die kleinste aufkeimende Hoffnung auf eine Waffenruhe und anschließende Friedensverhandlungen würden so erstickt. Die russische Propaganda-Maschine, der der Westen schon jetzt nichts entgegen zu setzen vermag, würde Waffenlieferungen weidlich ausschlachten.

Deutsche Welle Bernd Riegert
Europa-Korrespondent Bernd Riegert

Eine rote Linie, bei deren Überschreitung durch Russland eine direkte militärische Unterstützung für die Ukraine durch die NATO bzw. einzelne NATO-Staaten angezeigt wäre, haben die Verteidigungsminister nicht definiert. Offiziell zumindet. Man will Russland keine Gelegenheit geben, die eigene Entschlossenheit zu testen. Da Russland zunehmend durch See- und Luftmanöver nahe der NATO-Grenzen provoziert und sogar Bomber einsetzt, die atomar bewaffnet werden können, hat die NATO ihre nukleare Planungsgruppe einberufen, um über Antworten nachzudenken. Auch dieses Signal soll in Moskau Wirkung erzielen. Man ist auf alles vorbereitet und nimmt die neue Bedrohung durch Russland ernst, auch wenn das Nachdenken über Atomwaffen bedrückende Erinnerungen an die Hochzeiten der Ost-West-Konfrontation aufkommen läßt. Eigentlich hatten wir gedacht, das sei vorbei. Der russische Präsident Putin, in dessen Propaganda bereits die pilzartigen Wolken von Atombomben-Explosionen auftauchen, hat diese Zuspitzung der Lage herbeigeführt.

Die NATO muss reagieren und nimmt diese Rolle nur zögerlich an. Das ist neben der bürokratischen Schwerfälligkeit des Bündnisses auch eine Erklärung dafür, dass das Aufstellen einer schnellen Eingreiftruppe immerhin ein ganzes Jahr in Anspruch nehmen wird.

Russland wird von den NATO-Verteidigungsministern nicht mehr als Freund oder Partner angesehen, aber auch noch nicht als ausgemachter Feind. Noch besteht die Chance, auf einen Entspannungskurs zurückzufinden. Die Hoffnung bleibt, dass Moskau durch eine Mischung aus Entschlossenheit, Wirtschaftssanktionen und diplomatischen Angeboten zur Vernunft gebracht werden kann. Der größte Verbündete des Westens ist im Moment der Ölpreis. Bleibt er konstant niedrig, könnte Russland, das auf Energieexporte angewiesen ist, irgendwann in die Knie gehen.

Ein Streit innerhalb der NATO um Waffenlieferungen an die Ukraine konnte abgewendet werden. Die Diskussion in den USA war wohl eher ein Testballon. Der scheidende US-Verteidigungsminister Chuck Hagel sicherte zu, dass es keine militärische Lösung geben werde. Die NATO wahrt Geschlossenheit und das ist wichtig.

Die Antwort aus Moskau kam prompt: Der russsiche Präsident lud den griechischen Ministerpräsidenten (linksradikal) zum Besuch in Moskau ein, wie zuvor schon den griechischen Verteidigungsminister (rechtsradikal). Putin könnte versuchen einen Keil in die Geschlossenheit von EU und NATO zu treiben. Die klammen Griechen sollten wissen, dass sie den außenpolitischen Konsens nicht gefährden dürfen, auch nicht gegen Geld aus Moskau.