Junge Museumsbesucher
22. September 2013Kunstvoll verzierte Teppiche liegen auf dem Boden, das Mobiliar ist seltsam verschnörkelt, eine Wasserpfeife steht auf einem niedrigen Tischchen voller Ornamente: Willkommen im Orient. Acht Kinder zwischen fünf und elf Jahren haben sich heute in den Orientraum des Kölner Rautenstrauch-Joest-Museums für Völkerkunde aufgemacht, um mehr über die Menschen im Morgenland zu erfahren. Im Schneidersitz sitzen sie mit großen Augen erwartungsvoll der einzigen Erwachsenen im Raum zu Füßen, die gerade ein Märchen aus 1001er Nacht erzählt.
Kindgerechte Workshops
Laura Winkler ist eigentlich Ethnologin, doch die zweifache Mutter bietet regelmäßig kindgerechte Führungen im Kölner Völkerkunde-Museum an. Wie die Blackfoot-Indianer im Tipi sitzen und Mokassins nähen, ein orientalisches Zauberbuch basteln oder ergründen, was es mit geheimnisvollen Türen auf sich hat: Das alles sind spannende Themen für die jungen Museumsbesucher.
Zunächst läuft Laura Winkler mit ihnen durch die Ausstellungsräume, dann werden die Eindrücke im Bastelraum verarbeitet. "Wir haben schon viele Fans unter den Kindern, die wirklich regelmäßig kommen", erzählt sie. Ein Nachmittag im Museum sei vor allem deswegen attraktiv, weil die kleinen Gäste nicht nur zuhören müssten, sondern auch Basteln auf dem Programm stehe, weiß sie aus Erfahrung.
Ein Museum zum Mitmachen
Genau das ist das Konzept des Völkerkundemuseums: Die Kinder sollen Spaß daran haben, etwas Neues kennenzulernen. Zum einen ziehe man sich so mit spannenden Geschichten die nächste Besuchergeneration heran, zum anderen erweitere man den Horizont der Kinder für fremde Kulturen, so der Leiter des Juniormuseums, Peter Mesenhöller. Das gehe hier viel spielerischer als im Erdkunde- oder Geschichtsunterricht in der Schule. Außerdem könnten die Kinder auch einen Blick hinter die Kulissen werfen, wie ein Museum überhaupt funktioniert. "Bei unserleben ganze Schulklassen von A bis Z , wie eine Ausstellung gemacht wird; dass das mehr bedeutet, als eben nur Bilder aufzuhängen", sagt er.
Kinder haben auch dabei geholfen, das Juniormuseum zu gestalten. Das ist eine eigene Abteilung im Museum, wo das jugendliche Publikum durch ein Haus laufen kann und in jedem Zimmer die Lebenswelt eines anders Kindes entdeckt: Zimmer aus Sierra Leone, Kanada, der Türkei oder Deutschland sind dort zum Beispiel nachgebaut. Und immer sieht man auf einer Leinwand die kindlichen Bewohner, die aus ihrem Alltag erzählen: Was macht das Mädchen Naoko aus Japan nach der Schule? Hat Steve aus Kanada nur Basketball im Kopf oder auch seine indianischen Wurzeln? Und hat Anna-Lena ein typisch deutsches Kinderzimmer?
Spannender als Schule
Vor allem aber ist Peter Mesenhöller wichtig, dass das Juniormuseum mit seinen Workshops auch Eltern und Kinder anspricht, die sonst vielleicht nicht ins Museum kämen. Denn die Workshops werden dank eines einheimischen Sponsors kostenlos oder für kleines Geld angeboten.
Seit den 1960er Jahren wird Museumspädagogik in Deutschland groß geschrieben. Das Museum sollte nicht mehr die Bildungselite anlocken, sondern als Lernort Bildung für alle garantieren. Mittlerweile wird dem gesellschaftlichen Trend Rechnung getragen, so dass der ehemalige Musentempel schon fast zum Erlebnispark mutiert. Gerade für Kinder gibt es vielfältige Bildungsangebote.
Besonders spannend wird es für die Kleinen immer dann, wenn sie etwas anfassen dürfen, weiß man im Museum. Während der Führung können sie in einem geschlossen Kasten Felle erfühlen und raten, welches Tier sich dahinter wohl verbergen mag. "Das ist eine Katze", ruft die 7-jährige Sophie. "Nein, das ist hundertprozentig eine Ziege", meint Leonhard. "Weder noch",korrigiert Laura Winkler, "das ist ein Kamelfell."
Sandsturm und Wasserpfeife
Nachdem die Nomadenzelte, orientalische Gewänder und nachgebauten Alltagsszenen mit Kamelen und Tuaregs ausgiebig bestaunt wurden, zieht der Trupp weiter ins Bastelzimmer. Hier sollen die Kinder unter fachkundiger Anleitung ihre Eindrücke verarbeiten und in einem "Zauberbuch" verewigen.
Mit Feuereifer sind die Kinder bei der Sache; sie malen, falten und kleben Glitzersternchen auf. Leonhard bringt einen Sandsturm und eine Wasserpfeife zu Papier, die kleine Sophie malt eine Prinzessin. Auch der 11-jährige Christian präsentiert stolz sein Werk: drei Seiten mit Mustern und orientalisch anmutenden Schriftzeichen hat er entworfen und zu einem Büchlein gefaltet. Christian ist Stammgast im Museum und hat schon bei vielen Workshops mitgemacht. "Also hier macht das auf jeden Fall mehr Spaß als in der Schule", sagt er. "Ich komme gern hierhin, denn ich lerne was Neues und kann am Ende immer etwas basteln."
Geschichten von Seefahrern, alles rund um die Kokosnuss und immer wieder Indianerthemen werden im Völkerkundemuseum angeboten, so Laura Winkler. Denn diese stehen bei den Kindern besonders hoch im Kurs. So ein zweistündiger Workshop geht schnell vorbei, und am Ende sind sich die Kinder einig, dass sie bestimmt noch mal wiederkommen. Im Indianer-Tipi sitzen wollten sie nämlich alle schon mal. Und das steht nächste Woche auf dem Programm.