Musharraf lenkt ein
8. November 2007In Pakistan soll die Demokratie spätestens bis zum 15. Februar eine neue Chance erhalten. Präsident und Armeechef Pervez Musharraf kündigte am Donnerstag (8.11.2007) an, dass es bis dahin Parlamentswahlen geben werde. Zugleich bekräftigte er seine Bereitschaft, als oberster Befehlshaber des Militärs zurückzutreten. US-Präsident George W. Bush hatte die Forderung nach baldigen Wahlen und den Rücktritt vom Amt des Militärchefs zuvor in einem Telefonat mit Musharraf bekräftigt.
Mit seiner Entscheidung kam der General auch einem Urteil des Obersten Gerichtshofs zuvor, der über die Rechtmäßigkeit seiner Wiederwahl durch das Parlament entscheiden wollte. Musharraf hatte zuvor den Vorsitzenden Richter entmachtet. Ursprünglich sollte im Januar ein neues Parlament gewählt werden.
Ausnahmezustand bis Dezember
Musharraf verwahrte sich unterdessen gegen die internationale Kritik an seiner Politik. Die Regierung werde weiterhin mit eiserner Faust die Proteste gegen den Ausnahmezustand zerschlagen, den er am Wochenende verhängt hatte. Gleichzeitig kündigte der Chef der Regierungspartei PML-Q an, dass der Notstand im Dezember wieder aufgehoben werden solle.
Am Freitag kommt es möglicherweise zu einer ernsten Konfrontation mit der früheren Ministerpräsidentin Benazir Bhutto. Sie hat die Anhänger der Pakistanischen Volkspartei (PPP) zu einer Großkundgebung nach Rawalpindi eingeladen, der Nachbarstadt von Islamabad. Die Polizei hat angekündigt, dass sie keine Versammlung zulassen werde. Die Behörden warnten vor einem Selbstmordanschlag auf die Oppositionsführerin - es gebe Hinweise, dass Selbstmordattentäter in Rawalpindi seien, sagte der Polizeichef der Stadt.
Professoren und Anwälte demonstrieren
Am Donnerstag nahmen Sicherheitskräfte zahlreiche oppositonelle PPP-Mitglieder fest. Ein Parteivertreter sprach von 400 Festnahmen und gezielten Razzien. Die Regierung widersprach der Darstellung. Bereits am Mittwoch war die Polizei gewaltsam gegen Bhutto-Anhänger eingeschritten, die gegen Musharraf protestiert hatten.
In Karachi wurden vier Politiker von kleineren linksgerichteten Parteien wegen Landesverrats angeklagt, weil sie in öffentlichen Reden Musharraf kritisiert hatten. Unter den Bestimmungen des Ausnahmezustands kann bei Landesverrat die Todesstrafe verhängt werden. An der Universität in Lahore fielen die Vorlesungen aus, weil Professoren gegen den Ausnahmezustand demonstrierten. In Islamabad gingen erneut die Anwälte auf die Straße.
Bundesregierung überprüft Rüstungsexporte
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier kündigte unterdessen im Bundestag an, die Rüstungsexporte an Pakistan zu überprüfen, sollte das Land nicht schnellstens die Notstandsmaßnahmen aufheben. Er nannte die Ausrufung des Notstandes in Pakistan einen "gefährlichen Irrweg". Steinmeier warnte jedoch auch vor Zerrbildern: Musharraf habe sich in den letzten Jahren als wichtiger Verbündeter des Westens gezeigt, betonte der Außenminister. "Wer Musharraf kennt, versteht, dass dieser Mann kein kaltblütiger Diktator ist". (tos)