Muslime hoffen auf Dialog
15. März 2013Wie viel man falsch machen kann im Dialog mit dem Islam, das musste Papst Franziskus' Vorgänger Benedikt schon zu Beginn seines Pontifikats lernen. 2006, ein Jahr nach Amtsantritt, hielt Benedikt seine umstrittene Regensburger Rede. Darin zitierte er einen byzantinischen Kaiser, der dem Propheten Mohammed vorwarf, nur Schlechtes und Inhumanes hervorgebracht zu haben. Weltweit fühlten sich Muslime provoziert. Zwischen Algier und Islamabad brannten Kirchen.
"Mit seiner Regensburger Rede", erklärt der deutsch-libanesische Islamwissenschaftler Hussein Hamdan, "hat Papst Benedikt viele Menschen in der islamischen Welt dauerhaft verärgert." Benedikt bemühte sich zwar um Schadensbegrenzung und äußerte sein "tiefstes Bedauern" über die Missverständnisse. Außerdem reiste er in die Türkei und reaktivierte 2008 ein christlich-muslimisches Dialogforum. Trotzdem, erklärt Hamdan, sitze der Stachel der Regensburger Rede fest.
Das zeige sich auch daran, dass die Al-Azhar Universität in Kairo vor zwei Jahren den Dialog mit dem Vatikan eingefroren habe. Die Al-Azhar ist die renommierteste und wichtigste Hochschule des sunnitischen Islam. Sie gilt als eine zentrale Instanz in Glaubensfragen. Offizieller Grund für den Stopp des Dialogs waren die Äußerungen von Papst Benedikt nach einem Anschlag auf Christen in Ägypten. Der Papst hatte damals einen besseren Schutz der Christen gefordert. "In Kairo", sagt Hamdan, "wurde das als Einmischung in die inneren Angelegenheiten verstanden." Letztlich aber müsse auch diese sensible Reaktion vor dem Hintergrund der Regensburger Rede verstanden werden.
Die Al-Azhar hat positiv auf den Führungswechsel in der katholischen Kirche reagiert. "Wir gratulieren den Katholiken in aller Welt zur Wahl des neuen Papstes", erklärte Mahmud Azab, Berater für interreligiöse Fragen an der Al-Azhar. Die Universität hoffe jetzt auf "bessere Beziehungen" mit dem Vatikan. "Sobald es eine neue Politik gibt, werden wir den Dialog mit dem Vatikan wieder aufnehmen."
Natürlich, betont der Islamwissenschaftler Hussein Hamdan, müsse auch der neue Papst die schwierige Lage der Christen in Ägypten und in anderen Ländern thematisieren. "Es ist aber wichtig, dabei gemeinsam, im Dialog mit den Geistlichen und mit den Behörden nach Lösungen zu suchen. Das ist der einzige und der beste Weg." Man müsse nicht über die Muslime, sondern mit ihnen reden.
Positive Reaktionen von muslimischen Würdenträgern
Nicht nur in Ägypten, auch in vielen multireligiösen schwarzafrikanischen Staaten ist das christlich-muslimische Verhältnis von Konflikten geprägt. In Nigeria kommt es zum Beispiel immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen christlichen und muslimischen Extremisten. "Das erste, was der Papst tun sollte", fordert deswegen Boubacar Seidou, Generalsekretär der Islamischen Vereinigung im benachbarten Niger, "ist sich für einen ehrlichen, interreligiösen Dialog zwischen Christen und Muslimen einzusetzen. Wenn sich die Söhne dieser beiden Religionen die Hände reichen, dann würden wir auch in Frieden zusammenleben."
Sheikh Shaaban Issa Simba, Großmufti des ostafrikanischen Tansania, sieht das ähnlich. Er hofft, dass durch die Wahl des neuen Papstes ein neues Kapitel in den Beziehungen der katholischen Kirche mit den Muslimen aufgeschlagen wird. Das sei besonders für Tansania wichtig, wo die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen in letzter Zeit beschädigt worden seien. "Wir müssen weg von der Angst, hin zu Hoffnung und Ruhe, wo jeder sich als Bruder des anderen sieht."
Hoffnung auf mehr Verständnis für die Armen
Das südostasiatische Indonesien ist mit rund 200 Millionen Gläubigen der bevölkerungsreichste muslimische Staat der Welt. Christen sind in Indonesien eine Minderheit. Azyumardi Azra von der Staatlichen Islamischen Universität in Jakarta wünscht sich, dass der neue Papst zu einer harmonischen Atmosphäre zwischen den Religionen in der Welt beiträgt und nicht neue Kontroversen auslöst.
Azra setzt große Hoffnungen in Franziskus. Der neue Papst, ein Argentinier, spiele eine wichtige Rolle, weil er aus dem Süden komme. Azra glaubt, dass Franziskus deswegen mehr Verständnis für die Probleme in Asien, Afrika und Lateinamerika, vor allem für die Armut, habe: "Er wird diese Menschen, die immer zurückgelassen worden sind, beachten."
Auch die indonesischen Christen setzen auf einen verstärkten Dialog mit dem Islam: "Das ist für uns sehr wichtig, die wir als Katholiken in einem Land mit islamischer Mehrheit leben", sagte der Generalsekretär der indonesischen Bischofskonferenz, Erzbischof Trilaksyanta Pujasumarta. Er hoffe, dass Papst Franziskus nun das Gespräch mit den Muslimen suche.
Deutsche Muslime setzen auf Zusammenarbeit
Die islamischen Verbände in Deutschland erhoffen sich vom neuen Papst ein klares Bekenntnis zum interreligiösen Gespräch. "Wir wünschen uns einen Papst, der offen ist für den Dialog und für die muslimisch-katholische Begegnung", sagte der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime, Erol Pürlü. Außerdem sei wichtig, dass das neue Oberhaupt der Katholischen Kirche Muslimen und Andersgläubigen mit Respekt begegne.
Auch der Vorstandssprecher der Türkisch-Islamischen Union (DITIB), Bekir Alboga, hofft auf einen Papst, der sich entschlossen und öffentlich für den Dialog einsetzt. Das Oberhaupt der katholischen Kirche solle die Zusammenarbeit zwischen Christen und Muslimen fördern und nicht in einem Gefühl von Konkurrenz handeln. Die DITIB ist der größte Einzelverband im Koordinationsrat der Muslime.
Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland, wünschte dem Pontifex viel Kraft für die verantwortungsvolle Tätigkeit. "Wir hoffen, dass er stets seine Stimme erhebt für die Armen und Unterdrückten und schonungslos Dinge benennt, wenn Menschenrechte wie in Syrien mit Füßen getreten werden." Wenn sich Franziskus auf die Seite der Armen und Bedürftigen stelle, sei das "richtig und wohltuend."