Mutige Dokumentation des Anti-Drogen-Kampfs
30. April 2019Eloisa Lopez' Motivation, den Drogenkrieg des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte mit der Kamera zu dokumentieren, ist eindringlich: "Ich dachte: Wenn ich nicht hingehe, könnte jemand getötet werden, und wir werden nicht da sein, um es zu dokumentieren, und niemand würde wissen, was mit ihnen passiert ist."
Mit Schärfe und Leidenschaft, die an Niedringhaus selbst erinnert, hat Lopez die nächtlichen außergerichtlichen Morde in ihrer Heimatstadt Manila seit dem Amtsantritt von Duterte im Jahr 2016 unerbittlich dokumentiert. Die Jury bestätigte: Lopez habe selbst "jede Nacht im Fadenkreuz der Polizei" gestanden. Der mit 20.000 Dollar (16.200 Euro) dotierte Preis wird von der International Women's Media Foundation (IWMF) vergeben, die seit 1990 für Pressefreiheit kämpft und mutige Journalistinnen unterstützt. Der Preis ist der deutschen Fotografin Anja Niedringhaus gewidmet, die 2014 bei einem Job in Afghanistan getötet wurde.
Mut bedeutet für Lopez nicht, ihre körperliche Sicherheit zu riskieren, sondern sich emotional mit Familien auseinanderzusetzen, "die geliebte Menschen verloren haben, jeden Tag Gewalt und Tod sehen und trotzdem weitermachen".
Lopez, die heute für Reuters arbeitet, begann ihre Karriere als Fotokorrespondentin für eine Tageszeitung. Mit 20 Jahren entschied sie sich, sich einer Gruppe von Journalisten anzuschließen, die nur nachts arbeiteten – nach eigenen Angaben um "ihre Standhaftigkeit zu testen". Ihre erste Schicht war "anders als alles, was ich je erlebt hatte". Damals dokumentierte sie einen Tatort mit fünf Opfern.
"Unterbrechung des Lebens"
Auf einem der ausdrucksstärksten Fotos von Lopez ist jedoch kein Körper zu sehen. Stattdessen nur eine Kerze und ein halb leer gegessener Teller auf einem Kantinen-Tisch. Die nicht sichtbare Geschichte hinter dem Bild: ein junger Mann, der von nicht identifizierten Angreifern beim Abendessen in der Nähe seines Hauses erschossen und getötet wurde. Die von Lopez dokumentierten Morde sind "eine Unterbrechung des Lebens", sagte sie. "Einfach so wird ein Kind verwaist, eine Frau verwitwet und eine Familie für immer zerstört."
Lopez erzählte der DW, dass sie den Preis ihren Kollegen und Familien der Opfer widmet, "um ihnen zu zeigen, dass sie mit der Bekämpfung der Straflosigkeit nicht allein sind", in einer Zeit, in der "die Medien dem Thema kaum mehr Aufmerksamkeit schenken".
Zwei weitere Preisträgerinnen
Die IWMF-Jury lobte auch die Arbeit zweier weiterer freiberuflicher Fotojournalistinnen.
Tasneem Alsutan, eine saudi-arabische Investigativ-Reporterin, wurde für ihre Arbeit über soziale und geschlechtsspezifische Fragen im Nahen Osten ausgezeichnet. Sie erklärte, das Ziel ihrer Arbeit sei es, "bei Frauen die Leidenschaft auszulösen, für sich zu kämpfen und ihre Bedürfnisse nicht zu unterdrücken".
Dank ihres Mutes als Fotojournalistin - in einer von Männern dominierten Umgebung - wird auch der Mut anderer saudischer Frauen sichtbar. Eine ihrer markantesten Arbeiten zeigt den verschleierten, vorgebeugten Kopf einer Mutter, die um ihre Söhne trauert. Sie wurden getötet, als sie die Moschee in ihrer Nachbarschaft vor einem Angriff der Terrormiliz "Islamischer Staat" schützen wollten. "Die Frau hatte gerade ihre Kinder und ihren Neffen verloren und bestand dennoch darauf, andere Mütter zu ermutigen, ihre Söhne und Töchter aufzuziehen - und damit im Angesicht des Terrors selbstlos zu sein. Sie ist eine Heldin für mich", sagte Alsutan.
Ein Bild hat die Fotografin besonders bewegt: Die Aufnahme zeigt das trotzige Gesicht einer Frau, die wenige Stunden vor Aufhebung des Fahrverbots in Saudi-Arabien demonstrierte. "Ich wünschte, die Frauen, die ein paar Monate vor der Aufhebung des Fahrverbots verhaftet wurden, jetzt frei wären, um an diesem Glück teilzuhaben", sagte Alsutan.
Mary Calvert für Arbeit über sexuellen Missbrauch im US-Militär geehrt
Die amerikanische freiberufliche Fotojournalistin Mary Calvert wurde für ihre erschütternde Berichterstattung über den sexuellen Missbrauch von Männern im US-Militär gelobt. "Die Befehlsketten führen dazu, dass die Leute, die ich fotografiert habe, das Verbrechen der Vergewaltigung oder sexuellen Gewalt oder Belästigung dem Täter melden mussten", erklärte Calvert.
Vielen der von Calvert fotografierten Opfer "steht der Angriff ins Gesicht geschrieben". Sie sind gefangen in einer Welt der Isolation. Anstatt "ihre Scham und Tränen im Büro des Therapeuten zu vergießen, leiden sie oft still in ungepflegten, abgedunkelten Räumen oder an den Straßenecken, die viele als Zuhause bezeichnen".
"Wenn niemand da ist, der dir hilft, stirbst du innerlich. Gerechtigkeit zu erreichen, ist sehr schwierig".
Calvert, deren Arbeit sie nach Afghanistan, in den Irak, in die palästinensischen Autonomiegebiete und in die Demokratische Republik Kongo geführt hat, sieht sich als Fotojournalistin in einer klaren Rolle: "Es passiere verheerende Dinge. Es ist unsere Pflicht, den menschlichen Tribut hinter den Statistiken zu zeigen", sagte sie DW.
Lopez, Calvert und Alsutan werden im Juni bei einer Zeremonie in Washington D.C. geehrt.