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Mutmaßliche IS-Mitglieder aus Syrien in München angeklagt

16. Juli 2024

Die beiden Männer sollen mitverantwortlich sein für den Tod von bis zu 60 syrischen Dorfbewohnern. Im Nordirak wurden derweil die Leichen von 139 mutmaßlichen Opfern der Terrormiliz "Islamischer Staat" geborgen.

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Gruppe von schwerbewaffneten und maskierten Männern, die IS-Kämpfer in Syrien sein sollen
Das Propaganda-Foto von November 2015 soll IS-Kämpfer in Syrien zeigenBild: Dabiq/Planet Pix via ZUMA Wire/ZUMAPRESS/picture alliance

Die Bundesanwaltschaft hat zwei mutmaßliche frühere Mitglieder dschihadistischer Gruppierungen in Syrien vor dem Oberlandesgericht München angeklagt. Die beiden Männer sollen in den Jahren 2013 und 2014 zunächst dem islamistischen Kampfverband Liwa Jund al-Rahman in führender Position angehört und später in den Reihen der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) aktiv gewesen sein. Ihnen wird die Mitgliedschaft in ausländischen Terrorvereinigungen vorgeworfen, einem der Beschuldigten werden darüber hinaus auch Kriegsverbrechen zur Last gelegt.

"Führende militärische Position" und Propaganda 

Die Anklage steht dabei nach Angaben der Bundesanwaltschaft im Zusammenhang mit einer bereits im April ebenfalls vor dem Oberlandesgericht München erhobenen Anklage gegen einen der beiden Beschuldigten und ein weiteres mutmaßliches früheres Mitglied von Liwa Jund al-Rahman. Der Mann namens Basel O. soll demnach eine "führende militärische Position" innerhalb des islamistischen Kampfverbands eingenommen haben, der später im IS aufging.

Der zweite Beschuldigte namens Sohail A. soll laut Anklage den Medien- und Propagandabereich der Rebellengruppe geleitet haben. Nach ihrem Wechsel zum IS sollen beide Angeklagte für diesen Propagandaarbeit betrieben haben. Beide Männer sitzen bereits seit Monaten in Untersuchungshaft. Das Oberlandgericht München muss nun zunächst über eine Prozesseröffnung entscheiden.

Die Vorwürfe der Kriegsverbrechen in Form von Plünderung und Vertreibung beziehen sich auf einen von Liwa Jund al-Rahman gemeinsam mit weiteren dschihadistischen Gruppierungen verübten Überfall auf ein Dorf in der Region Deir Essor während des syrischen Bürgerkriegs 2013. Dabei starben laut Bundesanwaltschaft bis zu 60 schiitische Bewohner, die übrigen wurden von den islamistischen Angreifern in Todesangst versetzt und vertrieben.

Experten der staatlichen irakischen Stiftung der Märtyrer suchen im "Alo-Antar-Loch" in Tal Afar nach weiteren Leichen von IS-Opfern
Experten der staatlichen irakischen Stiftung der Märtyrer suchen im "Alo-Antar-Loch" in Tal Afar nach weiteren Leichen von IS-OpfernBild: Zaid Al-Obeidi/AFP

Massengrab westlich von Mossul

Erst am Sonntag war bekanntgeworden, dass im Nordirak die sterblichen Überreste von 139 mutmaßlichen IS-Opfern geborgen wurden. Nach Angaben von Dia Karim, dem Leiter der für Massengräber zuständigen staatlichen Stiftung der Märtyrer, wurden die Leichen in Tal Afar etwa 70 Kilometer westlich der Stadt Mossul gefunden. Die Opfer - Frauen und Männer - stammten laut Zeugenaussagen aus der Zeit der Herrschaft des IS in dem Gebiet, wie Karim erläuterte. Der Kleidung nach zu urteilen könnte es sich um Jesiden, Turkmenen und auch um Angehörige der Sicherheitskräfte aus Mossul handeln.

Die IS-Kämpfer verbreiteten mit Folter und Enthauptungen Angst und Schrecken und hinterließen zahlreiche Massengräber. Ahmed al-Assadi von der Stiftung der Märtyrer erklärte, die Opfer seien nicht begraben, sondern einfach in einen rund 40 Meter tiefen natürlichen Abgrund, das "Alo-Antar-Loch", geworfen worden. "Einige der Opfer wurden erschossen, anderen wurde die Kehle durchgeschnitten", mehrere seien in Leichensäcke gehüllt gewesen, erklärte er weiter. Einige der Toten trugen demnach orangefarbene Overalls, wie sie von Gefangenen des IS getragen wurden. Die Leichen wurde zur Untersuchung in die Gerichtsmedizin gebracht.

Leichen-Bergung erst Jahre nach Entdeckung 

Das Massengrab war bereits entdeckt worden, nachdem die irakischen Streitkräfte 2017 die Kontrolle über das Gebiet zurückerobert hatten. Die Arbeiten zur Bergung der Leichen konnten jedoch erst im Mai beginnen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen haben die Dschihadisten mehr als 200 Massengräber hinterlassen, in denen sich bis zu 12.000 Leichen befinden könnten.

Späte Gerechtigkeit für Jesiden

Auf dem Höhepunkt seiner Macht kontrollierte der "Islamische Staat" weite Teile Syriens und des Irak. Im Sommer 2014 rief Abu Bakr al-Bagdadi als Anführer des IS dort ein "Kalifat" aus. Mittlerweile haben die Extremisten ihr Herrschaftsgebiet wieder verloren. US-Spezialkräfte hatten Al-Bagdadi im Herbst 2019 in Syrien getötet. Dort wie auch im Irak sind IS-Zellen aber weiter aktiv.

sti/jj (afp, dpa)