Frankreich am Tag nach dem Burkini-Urteil
27. August 2016Nach der Entscheidung des obersten Verwaltungsgerichts in Frankreich gegen ein Burkini-Verbot fordern konservative und rechte Politiker ein Gesetz zur Regelung des Ganzkörper-Badeanzugs. Er stelle nicht die Entscheidung des Staatsrats in Frage, der sich auf die aktuelle Rechtsgrundlage stütze, sagte Lionnel Luca, der Bürgermeister des südfranzösischen Badeorts Villeneuve-Loubet. Er werde bis zu einer gesetzlichen Regelung den Gerichtsentscheid respektieren, sagte der konservative Politiker der französischen Nachrichtenagentur AFP.
Der Staatsrat, das oberste Verwaltungsgericht des Landes, hatte am Freitag das Burkini-Verbot von Villeneuve-Loubet aufgehoben - ein Urteil, das auch präjudizierende Wirkung für die weiteren rund 30 Kommunen haben dürfte, in denen der Burkini für Musliminnen an ihren Stränden untersagt wurde. Mehrere von ihnen wollen trotz der Entscheidung des Staatsrats auch weiterhin den Ganzkörper-Badeanzug nicht an ihren Stränden sehen, darunter Nizza und Fréjus an der Côte d'Azur.
Marine Le Pen, die Chefin der rechtsextremen Front National, wertete die Entscheidung des Staatsrats als bedauerlich. Es obliege allein dem Gesetzgeber zu handeln, um die Frauen zu schützen, die Laizität und unsere Lebensweise, erklärte die Politikerin. Der Staat müsse nun ein Gesetz erlassen, forderte der Ratspräsident der französischen Mittelmeerregion, Christian Estrosi.
Gesetz und gesunder Menschenverstand haben gesiegt
Die linksliberale französische Zeitung "Libération" hingegen kommentierte den Spruch des Obersten Gerichts so: "Das Gesetz und der gesunde Menschenverstand haben gesiegt. Auch wenn einige Bürgermeister in anderen Kommunen an ihren Burkini-Verboten festhalten wollen, auch sie werden, wenn ihr Fall vor den Staatsrat kommt, als unrechtmäßig erklärt. Sicherheitskräfte müssen auf den Stränden nicht mehr Badeanzug-Polizei spielen. Das Urteil ändert nichts daran, dass man bestimmte islamische Kleidung als Zeichen einer archaischen Interpretation des Islams sehen kann. Doch der Staatsrat erinnert daran, dass die öffentlichen Freiheiten in einer Republik wie Frankreich respektiert werden müssen."
ml/sti (dpa. afp)