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Mosambik: Nach dem Terror die Cholera

Adrian Kriesch
10. März 2021

Islamistischer Terror vertreibt in Mosambik hunderttausende Menschen. Auf der Flucht bedrohen auch Cholera und andere Krankheiten ihr Leben. Adrian Kriesch aus Metuge.

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Behandlung von Erkrankten im Gesundheitszentrum von Metuge (Foto: Adrian Kriesch)
Behandlung von Erkrankten im Gesundheitszentrum von MetugeBild: Adrian Kriesch/DW

Völlig entkräftet liegt das junge Mädchen auf dem Sandboden am Eingang des Gesundheitszentrums von Metuge im Norden Mosambiks. Die Ärzte haben sie an einen Tropf angeschlossen, jetzt muss sie hier erst einmal auf ein freies Bett warten. "Die meisten Patienten kommen einfach viel zu spät, wenn sie schon völlig kraftlos sind", sagt der Direktor Atanásio Romão Magunga. Eigentlich sei die Behandlung bei Cholera einfach: Viel sauberes Wasser trinken. Nur wenige Patienten bräuchten Medizin. Doch die sieben Patienten, die heute mit akutem Durchfall angekommen sind, sind so schwach, dass sie selbst das nicht mehr schaffen. Also müssen sie an den Tropf.

Cholera breitet sich vor allem in den Flüchtlingscamps aus. Tausende sind hergekommen,weil islamistische Terroristenim Norden der mosambikanischen Provinz Cabo Delgado ihreDörfer angegriffen und geplündert haben. Menschen wurden willkürlich enthauptet. Seit den ersten Angriffen 2017 hält der Terror an, Menschenrechtsorganisationen kritisieren auch das Vorgehen der Regierungstruppen. Noch immer gibt es aus dem Krisengebiet kaum verlässliche Informationen. In den vergangenen Wochen hat die Zahl der Attacken zwar abgenommen, so vermeldet es die Regierung. Aber keiner kann genau sagen, wer welche Gebiete kontrolliert.

Menschenunwürdige Bedingungen

Die Einwohnerzahl von Metuge in der Nähe der Provinzhauptstadt Pemba hat sich in den vergangenen Monaten verdoppelt. Rund 90 Prozent der Vertriebenen aus Cabo Delgado sind in der Region bei Angehörigen untergekommen, schätzt die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Nur zehn Prozent leben in den Camps, oft unter menschenunwürdigen Bedingungen. Julieta Carlos wohnt mit ihrer achtköpfigen Familie in einer kleinen Hütte mit Strohdach, sie schlafen auf dem Sandboden. "Wenn es in der Nacht regnet, müssen wir uns hinhocken", sagt die 64-Jährige. Es fehlt an Lebensmitteln, Sanitäranlagen, Zugang zu sauberem Wasser. Der ideale Nährboden für Cholera.

Mosambik Ärztin Maria Chavez von Ärzte ohne Grenzen (Foto: Adrian Kriesch)
Die Ärztin Maria Chavez von Ärzte ohne GrenzenBild: Adrian Kriesch/DW

Hauptauslöser der Infektionskrankheit des Darms ist mit Fäkalien verunreinigtes Trinkwasser. Daneben ist eine Übertragung auch über kontaminierte Lebensmittel oder Gegenstände möglich. Cholera bricht im Norden Mosambiks immer wieder aus, zuletzt nach den Zyklonen Idai und Kenneth im Jahr 2019. Damals begann das Gesundheitsministerium mit Schluckimpfungen gegen Cholera. Doch eine Dosis hält nur sechs Monate - und die ländlichen Gebiete der Provinz Cabo Delgado hatten ohnehin kaum Zugang dazu.

Versteckte Fälle?

"Mittlerweile haben wir die Sorge, dass die Lage schlimmer wird", sagt Maria Chavez von Ärzte ohne Grenzen. Das wahre Ausmaß sei versteckt: "Viele gehen einfach nicht zum Gesundheitszentrum. Die Gründe dafür sind uns nicht ganz klar, aber einige glauben wohl, dass sie im Behandlungszentrum mit Cholera infiziert werden." In ländlichen Gebieten gab es Fälle, in denen die Häuser lokaler Gesundheitsmitarbeiter zerstört wurden - weil sie für die Cholera-Fälle verantwortlich gemacht wurden.

Der wachsende Friedhof von Metuge (Foto: Adrian Kriesch)
Der wachsende Friedhof von MetugeBild: Adrian Kriesch/DW

Die Ärztin Maria Chavez läuft von der Erstaufnahmeeinrichtung der Organisation ein paar hundert Meter weiter zu einem Friedhof, an dem sie in letzter Zeit immer mehr Beerdigungen beobachtet. "In diesem Jahr haben wir schon im Januar und Februar so viele Todesfälle wie im gesamten letzten Jahr. Vielleicht sogar mehr." Offizielle Zahlen gibt es keine, UNICEF spricht dieses Jahr von bisher 55 Todesfällen wegen Cholera im Norden von Mosambik.

Viele Orte ohne Kliniken

Die meisten Erkrankten in der Region sterben an Malaria, Fieber oder Durchfall. Oft ist der Auslöser oder die genaue Krankheit nicht bekannt. Hinzu kommt jetzt auch noch COVID-19, doch außerhalb der Provinzhauptstadt gibt es fast keine Chance, bei Symptomen getestet zu werden. Selbst in Pemba dauert es fast eine Woche, bis Testergebnisse vorliegen. In vielen Orten im Norden gibt es überhaupt keine Kliniken mehr. Ärzte ohne Grenzen musste sich zuletzt wegen Kampfhandlungen beispielsweise aus dem Ort Macomia zurückziehen.

In der Klinik von Metuge hat der Direktor des Gesundheitszentrums die Zahl der Eingelieferten mit Durchfallerkrankungen monatlich in einem Notizbuch aufgelistet. Seit Juni 2020 seien es 1500 Fälle. Wie viele davon Cholera-Fälle seien, wisse er nicht. "Ich glaube nicht, dass die Lage noch schlimmer wird", sagt Atanásio Romão Magunga. "Natürlich gibt es immer einen Zeitpunkt, wo die Fallzahlen steigen. Aber im Moment ist alles unter Kontrolle." Als Magunga danach sein Büro verlässt, schieben vier Kriegsflüchtlinge gerade den nächsten völlig entkräfteten und dehydrierten Patienten auf einem Fahrrad in die Notaufnahme.

Infografik Karte Cholera-Ausbrüche Mosambik DE