Nach der Rückkehr: Alles auf Anfang
26. April 2005
Cornelia Ott ist wieder zu Hause. Drei Jahre lang war sie als Entwicklungshelferin in der Dominikanischen Republik. Jetzt ist sie mit ihrer Familie wieder nach Nordstemmen bei Hannover gezogen. Dort leben ihre Eltern und dorthin kann sie nach längeren Auslandsaufenthalten auch immer zurück.
"Diese Wurzeln erleichtern mir die Rückkehr", sagt sie. Viele ihrer Kollegen hätten es deutlich schwerer als sie. Denn sie hätten in Deutschland bereits alles aufgegeben und könnten sich hier kaum wieder eingewöhnen. Cornelia Ott und ihr Mann haben sich dagegen auf die Rückkehr gefreut - auf Döner, Buchläden und ein bisschen sogar auf die kälteren Temperaturen.
Auslandserfahrung: der Nachteil des Vorteils
In Nordstemmen ist alles wie gewohnt. Trotzdem ist der Neustart auch hier nicht leicht. "Das größte Problem ist die Arbeitssuche", sagt Cornelia Ott, die ihre Familie derzeit allein ernährt. Ihr Mann und ihre beiden Söhne leben vorübergehend von ihrem Arbeitslosengeld. Noch ist ungewiss, wie ihre Berufschancen in Deutschland sind.
In der Dominikanischen Republik hatte die promovierte Biologin Verantwortung. Für den Deutschen Entwicklungsdienst beriet sie eine Naturschutz-Organisation. Für ihre deutsche Karriere in der Forschung oder an einer Universität war das allerdings möglicherweise eine Vollbremsung. Obwohl internationale Erfahrungen als Zusatzqualifikation gelten, betrachteten einige potenzielle Arbeitgeber diese auch als Nachteil. So seien ihr beispielsweise "Flatterhaftigkeit" und gar "Risikofreude" vorgeworfen worden.
Den Job danach schon vorher suchen
Die angespannte Arbeitsmarktsituation erschwere den Wiedereinstieg in den deutschen Arbeitsmarkt nach einem längeren Auslandsaufenthalt, sagt Christine Kindervater. Für den Deutschen Entwicklungsdienst betreut sie Rückkehrer. Beratung und Seminare sollen den ehemaligen Mitarbeitern beim Wiedereinstieg helfen. Das Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM) in Frankfurt vermittelt ebenfalls Fachkräfte für Entwicklungsaufgaben.
"Wir raten dazu, schon vor einem Auslandsaufenthalt Kontakte für den Job danach zu knüpfen", sagt Rosemarie Füglein vom CIM. Das sei über die Entfernung hinweg allerdings nicht immer einfach. Auch müsse die Auslandserfahrung richtig verkauft werden, sodass die Arbeitgeber die dadurch erworbenen Vorteile, das Wissen und die soziale Kompetenz besser zu schätzen wüssten.
Nach dem Ausland geht die Karriere weiter
Doch nicht nur Entwicklungshelfer müssen oft zu Hause neu anfangen, sondern auch Mitarbeiter, die von ihren eigenen Unternehmen ins Ausland entsandt wurden. Viele hätten sich sogar den Karriereweg im Unternehmen verbaut. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Jahr 2004 veröffentlichte Studie der Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft Ernst & Young.
Die Auslandsaufenthalte seien für die Unternehmensmitarbeiter zwar insgesamt karrierefördernd, würden allerdings oft eher von anderen Unternehmen gewürdigt. Die Reintegration der Mitarbeiter ist laut der Studie das Schlüsselproblem. 60 Prozent der ins Ausland gesandten Mitarbeiter gaben an, dass die Integration nach ihrer Rückkehr eher schlecht vorbereitet war.
Ausland als Illusion
Die qualifizierten Entwicklungshelfer oder entsandten Unternehmensmitarbeiter können sich nach Anfangsschwierigkeiten meist schnell integrieren. Weitaus schwerer ist der Neustart für Menschen, die im Ausland beruflich und finanziell gescheitert sind. Sie haben beispielsweise vergeblich versucht, sich allein mit Gelegenheitsjobs oder einem eigenen Café am Strand durchzuschlagen.
In solchen Fällen berät das Raphaels-Werk. "Viele bleiben im Ausland, bis die finanziellen Möglichkeiten völlig erschöpft sind, weil sie sich schämen", sagt Jan Sladek vom Raphaels-Werk. Meist erst zu spät - nach dem Verlust ihrer Illusion - kämen sie zur Beratung. Dann kann Jan Sladek nur noch Ratschläge für soziale Leistungen und die Arbeitssuche geben.
Zurück nach Hause in die Welt
Dagegen ist die Lage von Cornelia Ott geradezu ideal. Ohnehin ist ihr nach ihrer Rückkehr als erstes aufgefallen, dass die Menschen in Deutschland "viel zu schnell und über alles jammern, obwohl sie alles haben". Für sie kommt das nicht in Frage. Falls weder sie noch ihr Mann innerhalb eines halben Jahres einen Job gefunden haben, würden sie überlegen, wieder ins Ausland zu gehen. Zurück nach Hause in die Welt.