Grünes Licht für EULEX
27. November 2008Der UN-Sicherheitsrat hat grünes Licht für den Beginn der EU-Rechtsstaatsmission EULEX im Kosovo gegeben Die etwa 2000 Juristen, Polizisten und Zöllner der EU sollten ursprünglich schon im Sommer dieses Jahres die Aufgaben der UN-Mission im Kosovo (UNMIK) übernehmen. Doch der Einsatz war bislang durch politischen Streit blockiert worden. Serbien hatte der Mission die Zustimmung verweigert. Russland hatte im Sicherheitsrat ein Veto angedroht. Gleichzeitig wollte die EU die Mission ohne vorherigen Segen der UN nicht beginnen. Serbien gab seinen Widerstand erst auf, nachdem sich Außenminister Vuk Jeremic und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auf einen Sechs-Punkte-Plan geeinigt hatten. Diesen lehnen zwar fast alle Parlamentarier und Politiker des Kosovo ab. Trotzdem wird der Plan jetzt Grundlage der EULEX-Mission.
Obwohl die Außenminister Serbiens und des Kosovo, Vuk Jeremic und Skender Hiseni, versichert haben, die EULEX-Mission nach Kräften zu unterstützen, herrscht auch nach der UN-Entscheidung Unstimmigkeit. Die Regierung und das Parlament des Kosovo sind der Ansicht, dass der Einsatz der EULEX auf der Grundlage der Verfassung des Kosovo stattfinden muss. Dem gegenüber steht die nun gültige Interpretation des UN-Generalsekretärs Ban Ki Moon, der das Mandat der EULEX auf die Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates zurückführt. Damit hätte die UNMIK die Oberaufsicht über EULEX.
Albaner fürchten Teilung
Im Zentrum der Kritik von Seiten der Kosovo-Albaner steht eine Forderung des Sechs-Punkte-Plans von Ban, wonach die EULEX sich „status-neutral“ verhalten muss, also nichts unternehmen darf, was die Souveränität des Kosovo vorwegnimmt. Insbesondere die zukünftige Organisation der Polizei, des Zolls und der Justiz im Norden sind dabei Streitpunkte. Denn die Kosovo-Politiker hatten gehofft, dass die EULEX helfen werde, die Souveränität und territoriale Integrität des Kosovo zu zementieren.
Der Plan sieht nun vor, dass die bestehenden Polizeistrukturen in den mehrheitlich serbischen Gebieten im Norden von Kosovo unter derselben Befehlsstruktur bleiben wie bisher. Die Befehlskette geht bislang von den lokalen Polizeieinheiten über die internationale Polizei im Kosovo hin zum UNMIK-Chef Lamberto Zannier. Die Politiker des Kosovo fürchten nun, dass hiermit die EULEX im Nordkosovo und damit auch die Regierung in Prishtina faktisch entmachtet würden. Durch die administrative Teilung des Polizeiapparates in einen mehrheitlich albanischen und einen mehrheitlich serbischen Landesteil würde eine Teilung des Kosovo vorweggenommen. Bereits heute ist bekannt, dass zahlreiche Angestellte und Beamte in serbischen Gemeinden des Kosovo Gehälter sowohl von UNMIK als auch aus Belgrad beziehen. Deshalb wird vermutet, dass hier geteilte Loyalitäten vorherrschen.
Symptomatisch für die parallele Existenz zweier Staatlichkeiten im Kosovo ist auch die Passvergabe. Die Regierung des Kosovo hat seit Einführung der Verfassung über 170.000 neue Pässe ausgestellt. Im selben Zeitraum hat Belgrad aber mit Wissen der UNMIK ebenfalls geschätzte 70.000 serbische Pässe im Kosovo ausgestellt. Paradox ist hierbei, dass viele der Empfänger Albaner sind, die mit serbischen Pässen reisen, weil viele Staaten die Pässe des Kosovo noch nicht anerkennen.
Streitpunkte Zoll und Justiz
Umstritten sind auch die Zollregelungen. An der Grenze zwischen Nordkosovo und Serbien soll wieder ein Zollregime eingeführt werden. Bislang ist die Grenze frei durchlässig. Allerdings kritisieren die Kosovo-Politiker, dass auch hier die Befehlsstrukturen bei der UNMIK liegen und nicht bei der Regierung des Kosovo. Zwar legt der Plan fest, dass „Kosovo als ein einheitliches Zollgebiet“ funktionieren soll, allerdings befürchten die Kosovo-Politiker, dass ihnen die Kontrolle über das Grenzregime entgleitet.
Auch der Justizbereich in Nord-Mitrovica soll aus der Verantwortung der EULEX ausgegliedert werden. Derzeit arbeiten dort nur UNMIK-Juristen und Personal. In Zukunft sollen auch örtliche Juristen eingestellt werden, die - so heißt es im Sechs-Punkte-Plan - „die Gemeinschaften und territoriale Gesetzgebung, der sie dienen, widerspiegeln“ sollen. Damit könnten Richter im Norden die serbische Gesetzgebung anwenden, soweit diese nicht der Gesetzgebung der UNMIK widerspricht. Hiermit stünde auch die Verantwortung des Parlaments des Kosovos für die Gesetzgebung im Norden in Frage.
Fabian Schmidt