Entwicklungshilfe
18. März 2007Nachhaltig soll sie sein die Entwicklung; so der allgemeine Konsens. Keine Frage, dass dafür erhebliche Summen benötigt werden. In den vergangenen 60 Jahren, so schätzen Experten, haben die helfenden den hilfsbedürftigen Ländern rund eine Billion Dollar überwiesen. Klingt viel, ist es aber nicht. Das Versprechen der reichen Staaten, 0,7 Prozent ihres Bruttosozialprodukts für die armen Länder abzuzweigen, haben bisher nur wenige eingelöst.
Zudem gibt es ein Nachdenken über die Ziele von Entwicklungspolitik. Kann man Menschen in Afrika wirklich empfehlen, den Weg der entwickelten Länder zu gehen und Autos und Computer als Alltagsgegenstände zu etablieren? "Wenn alle unseren Entwicklungsweg gehen, dann kommt unser Globus damit auf keinen Fall klar ", sagt Petra Pinzler, Journalistin der Wochenzeitung "Die Zeit" und Expertin für Entwicklungspolitik. "Wir können jetzt aber nicht alle Fehler, die wir gemacht haben, zuerst bei den Entwicklungsländern stoppen. Erst müssen wir die Umwelttechnologien entwickeln, das können wir nicht den Afrikanern überlassen, denn die haben ja noch viel weniger Möglichkeiten und Geld dazu."
Millenniumsziele zu optimistisch?
Es gibt Ziele, auf die sich die internationale Gemeinschaft verständigt hat. In den Millenniumszielen haben sich die Vereinten Nationen unter anderem verpflichtet, bis 2015 die Zahl der Menschen, die pro Tag maximal einen Dollar zur Verfügung haben, zu halbieren. Viele Experten sind skeptisch, ob dieses Ziel überhaupt noch erreicht werden kann.
Viele Politiker dagegen geben sich demonstrativ optimistisch. So wie Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: "Wenn die Welt imstande ist, 1,1 Billionen für Waffen und Rüstung weltweit auszugeben, dann wird sie doch auch imstande sein, die Mittel zu mobilisieren, um die Millenniumsentwicklungsziele zu verwirklichen."
Versprechen bergen Frustrationspotential
Die Debatte um die Millenniumsziele zeigt aber auch: Über die Ziele von Entwicklungspolitik zu diskutieren, wird schwieriger. Denn anders als zu Zeiten des Kalten Krieges, als Ost und West auch in der Entwicklungshilfe häufig gegeneinander arbeiteten, ziehen die Staaten heute größtenteils an einem Strang. Das ist gut, sorgt aber dafür, dass Konzepte und Ideologien nun auch von einer großen Staatengemeinschaft beschlossen werden müssen.
Und dort setzen sich häufig Ideen und Ziele durch, die zwar in der Theorie sinnvoll sind, die aber in der Praxis falsche Erwartungen wecken. In den Entwicklungs- ebenso wie in den Industriestaaten. "Wir wecken sie nicht nur bei den Entwicklungsländern, sondern auch bei unserer eigenen Bevölkerung, das ist viel schlimmer; wir erzählen denen alle paar Jahre: dann werden wir die Armut ausgerottet haben, dann werden die Kinder nicht mehr sterben - und ein paar Jahre später sagen wir: Upps, hat wieder nicht geklappt", sagt Entwicklungshilfe-Expertin Petra Pinzler.
Private Stiftungen handeln unabhängiger
Über das Konzept und die Effizienz der eigenen Hilfe nachzudenken, dazu werden staatliche und NGO-Hilfsorganisationen in den letzten Jahren allerdings zunehmend gezwungen. Der Grund: Es gibt inzwischen eine Reihe von Hilfsorganisationen privater Stifter. Allen voran die Bill und Melinda-Gates-Stiftung. Bill Gates, reichster Mann der Welt, hat sie ins Leben gerufen; mit fast 32 Milliarden US-Dollar ist sie von den Einlagen her die größte Stiftung der Welt.
Mit dieser finanziellen Kraft können die privaten Stifter auch eigene Ideen verwirklichen. Darunter Konzepte, die nicht bei allen Hilfsorganisationen auf Beifall stoßen. "Je mehr Menschen sich an Entwicklungsfragen beteiligen, desto besser", so Claudia Warning, Vorstandsvorsitzende des Verbands Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO). "Allerdings hat Bill Gates einige Ideen, von denen wir sagen würden: Die sind eher kritisch, beispielsweise die Grüne Revolution in Afrika einzuführen. Wir wissen aus Asien, dass das nicht nur positive Erfolge gebracht hat, sondern auch hoch kompliziert sein kann."