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Natalja Estemirowa – ein Porträt

16. Juli 2009

Sie war eine Freundin der 2006 ermordeten Journalistin Anna Politkowskaja. Sie war genauso engagiert, wenn es um die Aufklärung von Entführungen, Folterungen und Morden in Tschetschenien ging.

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Natalja Estemirowa im Einsatz für VermissteBild: picture-alliance/ dpa

Natalja Estemirowa wurde im Gebiet Saratow an der Wolga geboren. Sie schloss ihr Studium an der historischen Fakultät der Universität Grosny ab. Bis 1998 arbeitete sie als Lehrerin für Geschichte in einer allgemeinbildenden Schule in der tschetschenischen Hauptstadt. Danach war sie als Journalistin tätig und spezialisierte sich auf Menschenrechtsthemen. Bis zum Ausbruch des zweiten tschetschenischen Krieges im Herbst 1999 erstellte Natalja Estemirowa 13 Fernsehbeiträge über Menschen, die zu Opfern von Willkür der russischen Justiz wurden.

Einsatz für Häftlinge und Zivilisten

Ende der 90er Jahre war Estemirowa Pressesprecherin einer Organisation, die sich für die Rechte ehemaliger Häftlinge von Lagern einsetzte, in denen das russische Militär mutmaßliche tschetschenische Rebellen verhörte und folterte.

In der jüngsten Zeit war Natalja Estemirowa Mitglied einer Kommission, die die Haftbedingungen in russischen Gefängnissen beaufsichtigt. Sie besuchte regelmäßig Menschen in Untersuchungshaft, kämpfte aktiv gegen Folterungen in Gefängnissen, untersuchte Entführungen und außergerichtliche Hinrichtungen.

Die Menschenrechtlerin hatte mehrmals betont, dass in Tschetschenien nach dem Ende der so genannten Anti-Terror-Operation im April 2009 die Zahl der verschleppten Menschen zugenommen habe. Nach Schätzungen von Estemirowa werden Dutzende vermisst. Sie hatte auch darauf hingewiesen, dass die Geheimdienste immer öfter über Tötungen ausländischer Söldner berichteten. Menschenrechtler glauben aber, dass es sich in vielen Fällen um verschwundene tschetschenische Zivilisten handelt.

Internationale Würdigung

Natalja Estemirowa gehörte zu den ersten Mitarbeitern der Menschenrechtsorganisation Memorial im Kaukasus. Wie ihre Kollegen berichten, sammelte sie Berichte über Entführungen in Tschetschenien seit dem Ausbruch des Krieges. Die Ergebnisse ihrer Recherchen bildeten die Grundlage für die Tätigkeit mehrerer internationaler Menschenrechtsorganisationen.

Estemirowa wurde mit mehreren renommierten Menschenrechtspreisen ausgezeichnet. Sie war die erste Preisträgerin, die 2007 den Anna-Politkowskaja-Preis erhielt. Ihre Verdienste wurden mit einem Preis des schwedischen Parlaments im Jahr 2004 und der Robert-Schumann-Medaille des Europaparlaments im Jahr 2005 gewürdigt.

Autor: Jegor Winogradow
Redaktion: Markian Ostaptschuk