NATO erweitert Einsatz in unruhigen Teilen Afghanistans
9. Februar 2006Die NATO schloss sich den internationalen Appellen zur gewaltlosen Auseinandersetzung um die Mohammed-Karikaturen an. Gewalt sei kein Mittel zur Lösung des Konfliktes, hieß es von den Verteidigungsministern am Donnerstag (9.2.2006) bei ihrem Treffen in Taormina. Sie waren merklich bemüht, die Situation nicht weiter zu verschärfen.
Trotzdem machten die Angriffe von wütenden moslemischen Demonstranten auf norwegische, finnische und amerikanische Soldaten in Afghanistan die Minister besorgt. Inzwischen sei die Lage aber mit Hilfe der afghanischen Polizei und britischer Verstärkungstruppen wieder unter Kontrolle, so NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer. Die gewalttätigen Demonstrationen sollten auf keinen Fall dazu führen, dass die NATO auf die geplante Ausweitung ihrer Aktivitäten in Afghanistan verzichtet. "Es ist ganz klar, und die Minister haben das noch einmal bestätigt, dass unsere Verpflichtung bestehen bleibt, die Schutztruppe im Sommer auch in den südlichen Provinzen zu stationieren", sagte Scheffer. "Wir haben uns langfristig gebunden, und wir werden nicht wankelmütig.“
Terroristenjagd
4000 britische und 1500 niederländische Soldaten sollen wie geplant im Juni Wiederaufbaukommandos im eher unruhigen Süden im Kandahar von US-amerikanischen Truppen übernehmen. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld will 3000 Mann abziehen und sich auf die Terroristenjagd im Grenzgebiet zu Pakistan konzentrieren.
Rumsfeld regte auch an, die ISAF-Schutztruppe solle sich ein robusteres Mandat zulegen, also mehr Kompetenzen und eine stärkere Bewaffnung. Nach den Demonstrationen gegen das Aufbaukommando Maymana im Norden Afghanistans stimmte Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer zu: "Was in dem Aufbaukommando Maymana passiert ist, bringt uns dazu, noch einmal zu prüfen, ob der Schutz unserer Truppen ausreichend ist, ob wir ausreichende Stärke haben, das gilt nicht nur in diesem Aufbaukommando, sondern überall."
Deutsche Soldaten
Die Bundeswehr operiert zurzeit in Kabul und den nördlichen Provinzen mit rund 2500 Soldaten. Die internationale Schutztruppe umfasst insgesamt 9000 Soldaten. Sie sind immer wieder auch Ziel von vereinzelten Terroranschlägen. Der italienische Gastgeber, Verteidigungsminister Antonio Martino sagte, die NATO-Soldaten in Afghanistan, auf dem Balkan oder in Afrika dürften nicht als feindliche Kolonialarmee betrachtet werden. Die NATO sei inzwischen zu einer internationalen Sicherheitsorganisation umgebaut worden. "Heute sind NATO-Soldaten in fremden Staaten nicht dazu da zu erobern, sondern um zu helfen", sagte Martino. "Sie bringen Frieden und Stabilität und sollten von Menschen guten Willens willkommen geheißen werden." Das heiße nicht, dass es nicht ab und an gewaltsame Episoden geben könne.
Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung geht davon aus, dass die Ausschreitungen gezielt von radikalen Moslemorganisationen oder gar arabischen Staaten angeheizt oder geplant wurden. "Ich glaube, es ist ein wichtiger Punkt, dass diese gewaltsamen Auseinandersetzungen, diese Eskalation, auch im Zusammenhang mit dem Karikaturenstreit sich jetzt befrieden, dass das zurückgedrängt wird", sagte er. "Das war keine Ad-hoc-Aktion, das war eine vorbereitete Aktion, darüber sind wir gemeinsam einig."
Atomstreit
Am Freitag treffen die 26 NATO-Verteidigungsminister zum ersten Mal Kollegen aus sieben Mittelmeeranrainern, neben Israel sind dies Jordanien, Ägypten, Tunesien, Algerien, Marokko und Mauretanien. Der Karikaturenstreit soll auch bei diesem Treffen angesprochen werden.
Die Verteidigungsminister beraten außerdem darüber, welche Rolle die NATO im Kampf gegen Terrorismus und in weltweiten Krisenherden spielen soll. Die USA drängen auf mehr Engagement, während viele Europäer bremsen. So stehe die NATO beim Durchsetzen von eventuellen UN-Sanktionen im Atomstreit mit dem Iran nicht zur Verfügung, betonte Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung. "Das steht jetzt nicht zur Debatte. Jetzt wollen wir den diplomatischen Erfolg. Ich bin ganz hoffnungsvoll, dass hier der Iran einlenkt."