Nato und Russland arbeiten wieder zusammen
27. Juni 2009Nach zehnmonatiger Pause soll die militärische und politische Zusammenarbeit zwischen der Nato und Russland wiederaufgenommen werden. Darauf verständigten sich beide Seiten am Samstag (27.06.2009) beim Treffen des Nato-Russland-Rats auf Korfu. Die Einigung gilt als wichtiger Schritt vor dem Abrüstungsgipfel im kommenden Monat in Moskau, zu dem auch US-Präsident Barack Obama erwartet wird.
"Wir haben festgestellt, dass unsere Staaten gemeinsame Sicherheitsinteressen haben", sagte Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer bei dem Treffen der Außenminister der Allianz mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow. Der scheidende Generalsekretär erklärte, er habe sein Ziel erreicht, seinem Nachfolger einen funktionierenden Nato-Russland-Rat zu hinterlassen. Die Einschätzung von Russlands Außenminister Sergej Lawrow hörte sich demgegenüber etwas gedämpft an. "In gewisser Weise ist das eine positive Entwicklung", sagte er.
Konkret bezieht sich die Wiederaufnahme der Beziehungen unter anderem auf die Nutzung von Transitwegen durch Russland zur Versorgung der NATO-geführten Truppen in Afghanistan, die Bekämpfung des Drogenhandels sowie den Kampf gegen die Piraterie im Indischen Ozean und die Verhinderung der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen.
Steinmeier sieht "großen Schritt"
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einem "großen Schritt" und einem "Neustart" der beiderseitigen Beziehungen. Er hoffe, dass sich die neue Zusammenarbeit auch auf den Nahen Osten und die Abrüstung atomarer und konventioneller Waffen erstrecken werde, betonte Steinmeier. Zugleich plädierte er dafür, im Streit um das von den USA geplante Raketenabwehrsystem in Polen und Tschechien, das von Russland vehement abgelehnt wird, eine Verständigungsmöglichkeit zu suchen. "Hier gab es heute in der Runde versöhnliche Worte vonseiten Russlands und Polens", so Steinmeier.
Weiter Meinungsverschiedenheiten
Die Beziehungen zwischen dem transatlantischen Verteidigungsbündnis und Russland lagen wegen des Kaukasus-Kriegs im vergangenen August auf Eis. Der Konflikt ist noch nicht vollständig aus der Welt, weil der Westen die Anerkennung der von Georgien abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien als unabhängige Staaten durch Russland kritisiert. De Hoop Scheffer räumte denn auch freimütig ein, dass es in der Georgien-Frage noch "grundlegende Differenzen" gebe. Diese seien aber kein "Stolperstein" mehr für viele andere Themen, die im Nato-Russland Rat diskutiert werden könnten, betonte er.
Lawrow verteidigte Moskaus militärisches Eingreifen in Georgien. "Alle müssen die neuen Realitäten akzeptieren und sich damit abfinden, das die seither von Russland getroffenen Entscheidungen unwiderruflich sind", sagte der russische Außenminister. Die Nato-Staaten hätten ihre Haltung nicht geändert: "Wenn wir unter vier Augen sprechen, dann geben viele zu, dass sie unser Handeln verstehen. Aber wenn wir im größeren Kreis reden, dann kritisieren sie uns." Lawrow begrüßte zudem, dass die USA ihre Raketenabwehr-Pläne in Europa noch einmal überprüften. Er erneuerte das russische Angebot, gemeinsam mit den Vereinigten Staaten ein Raketenabwehrsystem zu entwickeln. (gri/wl/dpa/afp/rtr)