NATO-Treffen
8. Februar 2007Hohe NATO-Beamte sind nicht gerade glücklich über die Einschränkungen und vagen Formulierungen, die das voraussichtliche Mandat für die deutschen Aufklärungs-Tornados in Afghanistan enthalten wird. Ein Punkt, der auch bei dem am Donnerstag (8.2.2007) beginnenden zweitägigen informellen Treffen der NATO-Verteidigungsminister einmal mehr zur Sprache kommen wird. Die deutsche Regierung hatte am Mittwoch den Einsatz von Tornados zur Aufklärung beschlossen. Aus der Umgebung des NATO-Generalsekretärs heißt es, für die Kommandeure der von der NATO geführten ISAF-Truppe in Afghanistan sei es wichtig, ihre Mittel möglichst flexibel einsetzen zu können. Sollten die Daten, die die sechs deutschen Tornados sammeln werden, nur zeitlich verzögert zur Verfügung gestellt, verlören sie ihren Wert für das Kampfgeschehen.
Die deutsche Debatte darüber, ob es sich um einen Kampfeinsatz handeln würde, wird bei der NATO mit Verwunderung gesehen. Schließlich sei es der eigentliche Zweck der hochspezialisierten Aufklärungs-Tornados, Ziele - in diesem Fall Taliban-Stellungen - auszumachen. Insofern seien sie natürlich Teil der Kampfhandlungen. Das Risiko für die Tornado-Piloten, die in einer Höhe von 5000 Metern fliegen sollen, abgeschossen zu werden, sei eher gering, heißt es bei der NATO.
Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung will seinen Kollegen aus den übrigen 25 NATO-Staaten und dem afghanischen Verteidigungsminister, Abdurrahim Wardak, beim informellen Treffen in Sevilla erklären, wie sich die Bundeswehr den Einsatz der sechs Tornados und der 500 zusätzlichen Soldaten vorstellt. Die Luftwaffe löst eine britische Einheit ab, die bislang für die Aufklärung zuständig war, aber nicht über die hochspezialisierten Kamerasysteme verfügt. Die deutschen NATO-Vertreter gehen davon aus, dass die Bereitstellung der Tornados den Druck von Deutschland nehmen wird, in Afghanistan militärisch mehr zu tun. In den letzten Monaten hatten vor allem Kanada und die USA hinter vorgehaltener Hand kritisiert, Deutschland dürfe sich mit seinen knapp 3000 Soldaten nicht nur auf den Wiederaufbau im relativ ruhigen Norden beschränken.
Gleiche Probleme wie vor einem Jahr
Der neue Oberbefehlshaber der NATO in Europa, US-General John Craddock, will den Verteidigungsministern seine Vorstellungen für das weitere militärische Vorgehen in Afghanistan erläutern. "Wir brauchen mehr Streitkräfte", machte er bereits deutlich. Das Wort Frühjahrsoffensive, mit der man einem möglichen Anstieg der Taliban-Angriffe begegnen will, wird von der NATO offiziell nicht in den Mund genommen. Da eine Bereitschaft der Mitgliedsstaaten im Vorfeld nicht zu erkennen war, zusätzliche Kampftruppen für eine solche "Frühjahrsoffensive" bereit zustellen, soll das Treffen der Verteidigungsminister in Andalusien, auch keine Truppenstellerkonferenz sein. "Der Generalsekretär wird nicht mit dem Bettelhut um den Tisch gehen", sagte ein hoher NATO-Beamter.
Doch Jaap de Hoop Scheffer hatte in den vergangenen Monaten immer wieder gemahnt, dass die Allianz mehr tun müsse. Nach internen Berechnungen der NATO fehlen im Süden Afghanistans immer noch einige Batallione. "Wir reden im Grunde über die selben Dinge wie im vergangenen Jahr", sagte dazu ein NATO-Diplomat. Vor einem Jahr trafen sich die Verteidigungsminister in Taormina auf Sizilien. Auch damals fehlten Truppen für Afghanistan. Auch damals wurde die mangelnde Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Stellen in Afghanistan bemängelt. Die Regierung in Kabul arbeite nicht effizient genug, hieß es vor einem Jahr - und heißt es heute auch. Durch die Zusammenlegung mit großen Teilen der US-geführten Operation "Enduring Freedom" ist die NATO-Truppe auf über 32.000 Mann angewachsen. Der Wiederaufbau im Süden und Osten kommt aber wegen des anhaltenden Widerstands der Taliban und anderer bewaffneter Gruppen nur schwer voran.
NATO einig über Kosovo-Frage
Die Verteidigungsminister werden sich auch mit der Zukunft des Kosovo-Gebietes beschäftigen. Sobald die Statusfrage der formell zu Serbien gehörenden Provinz vom UN-Sicherheitsrat entschieden sein wird, will die NATO in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Union für Sicherheit in der Balkan-Region sorgen. Heute hat die NATO etwa 17.000 Mann in der überwiegend von Albanern bewohnten Provinz stationiert. Die Europäische Union soll den Aufbau eines funktionierenden Staatswesens gewährleisten. Im weiteren Verlauf will die NATO-Truppe KFOR ihre Verantwortung nach und nach an die EU und die Kosovo-Behörden abgeben. Die Verteidigungsminister werden dem UN-Vermittler Martti Athisaari ihre uneingeschränkte Unterstützung für seinen Plan einer eingeschränkten Souveränität des Kosovos zusichern. Serbien, gegen das die NATO 1999 einen Luftkrieg führte, lehnt den Plan bislang ab.
Am Freitag treffen die NATO-Minister ihren russischen Kollegen Sergej Iwanow zu einem Routinetreffen. Es wird erwartet, dass Iwanow seine Kritik an den amerikanischen Plänen erneuert, Teile des globalen Raketenabwehrsystems in Polen und Tschechien zu stationieren. Iwanow hatte angekündigt, Russland wolle seine eigenen Atomwaffen umfassend modernisieren.