Nawalny rüstet sich für Präsidentenwahl
27. Juni 2017Der russische Oppositionelle und Gründer der "Stiftung zur Bekämpfung von Korruption", Alexej Nawalny, gehört laut dem US-Magazin Time zu den "25 einflussreichsten Menschen im Internet". Unter den gekürten Internet-Stars liegt er auf Platz 8, gleich hinter der koreanischen Boygroup BTS und noch vor dem US-Präsidenten Donald Trump.
"In einem Land, wo fast alle Medien staatlich kontrolliert sind, hat der russische oppositionelle Aktivist YouTube genutzt, um die Informations-Blockade des Kremls zu durchbrechen", so Time. Da Nawalny nicht im staatlichen Fernsehen auftreten dürfe, seien seine Kampagnen auf soziale Medien angewiesen. Sein YouTube-Kanal habe über eine Million Abonnenten.
Wahlkampf-Teams, aber noch kein Wahltermin
Trotz der Blockade durch den Kreml bereitet sich Nawalny auf die Präsidentenwahl im März 2018 vor. Sein Ziel ist, Wladimir Putin im Kreml abzulösen.
Schon im Februar begann Nawalny, Wahlkampf-Teams aufzustellen. Mitte Juni gab es schon fast 50 regionale Teams. Vor kurzem hieß es auf seiner Website: "Jetzt sind wir in allen russischen Städten mit einer Bevölkerung von über einer Million Menschen vertreten und - mit Ausnahme von Nowokusnezk und Toljatti - in fast allen Städten mit einer Bevölkerung von über einer halben Million. 120.000 Freiwillige sind für Nawalnys Kampagne in all den Städten im Einsatz, in denen zusammengenommen die Hälfte der Bevölkerung des Landes lebt."
Daraufhin erklärte die Zentrale Wahlkommission Russlands, dass derzeit "kein offizieller Präsidentschaftswahlkampf in der Russischen Föderation geführt wird". Die "Aufstellung von Wahlkampf-Teams zur Unterstützung Nawalnys" stehe nicht im Einklang mit dem Wahlgesetz. Iwan Schdanow, Rechtsexperte von Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung, konterte in der Zeitung Wedomosti, auch wenn der Wahlkampf offiziell erst im November und Dezember starte, habe jeder Kandidat das Recht, öffentliche Kampagnen zu führen.
Behörden: Nawalny darf nicht kandidieren
Ferner erklärte die Wahlkommission, Nawalny sei wegen einer Straftat verurteilt und habe daher kein passives Wahlrecht, darf also nicht kandidieren. Nawalny war im Februar von einem Gericht in der Stadt Kirow wegen angeblichen Diebstahls von Holz zu einer Haftstrafe von fünf Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Der Oppositionelle hatte die Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt, das Verfahren sei angestrengt worden, um ihn von einer Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2018 abzuhalten. Dass er bei der Wahl antreten wolle, hatte Nawalny bereits im Dezember 2016 erklärt.
Nawalnys Team will beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde gegen das Urteil einreichen. "Russland hat die Verstöße in dem Kirow-Verfahren nicht beseitigt. Ich bin sicher, dass der Gerichtshof wieder zu unseren Gunsten entscheiden wird", sagte Nawalnys Anwalt Wadim Kobsjew der Nachrichtenagentur Interfax. Das Gericht in Straßburg hatte Russland bereits im Februar wegen willkürlicher Verhaftungen des Oppositionellen verurteilt. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Nawalny zwischen 2012 und 2014 bei friedlichen Kundgebungen in Moskau ohne hinreichende Begründung mehrmals verhaftet und stundenlang festgehalten wurde.
Auch Leonid Wolkow, Leiter von Nawalnys landesweitem Wahlkampf-Team, ist zuversichtlich. Die Strategie sei, politischen Druck aufzubauen: "Dem Kreml soll im Dezember einfach keine andere Wahl bleiben, als Nawalny als Kandidaten zuzulassen", betonte er.
Der Weg zur Präsidentschaftskandidatur
Erst nach Bekanntgabe des genauen Wahltermins am Ende dieses Jahres wird die offizielle Nominierung von Präsidentschaftskandidaten möglich sein. Das russische Recht sieht zwei Wege zur Teilnahme an Präsidentschaftswahlen vor: Als Kandidat, der sich selbst aufstellt, und als Kandidat, der einer zugelassenen Partei angehört.
Nawalny bleibt nur der erste Weg, da seine "Fortschrittspartei" vom Justizministerium nicht zugelassen wurde. Daher wird er zunächst bei der Zentralen Wahlkommission eine Initiativgruppe registrieren müssen, der mindestens 500 russische Bürger mit aktivem Wahlrecht angehören. Dann wird er der Wahlkommission mindestens 300.000 Unterschriften von Wählern vorlegen müssen. Noch kann Nawalnys Team mit der Unterschriftensammlung nicht beginnen. Doch schon jetzt unterstützen im Internet 450.000 Menschen eine Nominierung Nawalnys als Präsidentschaftskandidat.