Nazi-Vergleiche - Nichts Neues im US-Wahlkampf
28. Juli 2015Mit seinen Anspielungen auf die Judenvernichtung im Dritten Reich hat der US-Präsidentschaftsbewerber Mike Huckabee am Wochenende ordentlich für Empörung gesorgt. Huckabee warf in einem Interview US-Präsident Barak Obama vor, durch das Atomabkommen mit dem Iran die Israelis zur "Ofentür des Krematoriums" zu führen. Obamas Außenpolitik sei die "unverantwortlichste" in der Geschichte der USA, sagte Huckabee der konservativen Webseite Breitbart. Auch über seinen Twitter-Kanal verbreitete er diese Nachricht. In einer Grafik verpackt mit der israelischen und iranischen Flagge im Hintergrund. Nach viel Kritik von allen Seiten bekräftigte seine Sprecherin die Äußerung nun nochmals. Der Gouverneur von Arkansas habe nichts zurückzunehmen. "Er meinte, was er sagte."
Seit Obama das Amt des Präsidenten 2008 antrat, haben seine Gegner Immer wieder versucht, ihn mit Nazi-Vergleichen zu beschmutzen. Egal ob Republikaner, Nationalisten, die rechtsgerichtete Presse, die Tea-Party-Bewegung und gelegentlich sogar Obamas Feinde innerhalb der Demokraten - sie alle setzten auf den Vergleich mit Nazi-Diktator Adolf Hitler.
Schon eine Woche nach Obamas Wahl 2008, verglich der republikanische Abgeordnete von Georgia, Paul Broun, Obamas Versprechen, die Sozialfürsorge auszuweiten, mit der Agenda der Nazis. "Es mag seltsam klingen, aber das ist genau das, was Hitler im Dritten Reich gemacht hat", so Broun.
In der Hochphase des Wahlkampfes 2012 sagte ein katholischer Bischof: "Obama mit seiner radikalen weltlichen Agenda, die für die Abtreibung steht, macht den Eindruck, als ob er einen ähnlichen Weg einschlägt" (… wie Hitler und Stalin; Anm. d. Red.).
Im Jahr 2014 verglich der Gouverneurs-Kandidat aus Kalifornien, Tim Donnelly, Obama mit Hitler, Stalin, Kim Jong Il, Mao Zedong und König Georg III von Großbritannien, weil der Präsident an einigen Stellen angedeutet hatte, die Waffenkontrolle strenger gestalten zu wollen.
Und auch Huckabees Vergleich war nicht der erste in diesem Jahr. Im Januar kritisierte Randy Weber, ein republikanischer Abgeordneter, Obama dafür, dass er nicht nach Frankreich gefahren ist, um dort seine Solidarität mit den Opfern von Charlie Hebdo zu zeigen. "Sogar Hitler hätte Frankreich mehr Aufmerksamkeit geschenkt", twitterte er. Der Texaner löschte seinen Tweet, aber andere Nutzer hatten ihn schon weitergeleitet.
Diese Liste mit Nazi-Vergleichen ist lange nicht vollständig. Aber sie zeigt, wie inflationär der Holocaust in der aktuellen politischen Rhetorik in den USA geworden ist. Wie konnte es so weit kommen?
Ein Blick zurück
Auf Friedensmärschen wurde George W. Bush mehr als nur einmal als Hitler karikiert. Während der NATO-Intervention auf dem Balkan bearbeiteten serbische Nationalisten ein Foto von Bill Clinton und zogen ihm eine Nazi-Uniform an. Auch seine Frau Hillary Clinton ist während ihrer momentanen Kandidatur schon mit Hitlerbart und Hakenkreuz von rechten amerikanischen Gruppen abgebildet worden.
Damit enden die dokumentierten Hitler-Vergleiche - offiziell zumindest. So gibt es keine bekannte Hitlerdarstellung von George H.W. Bush, Präsident von 1989 bis 1993 und Vize-Präsident von 1981 bis 89. Auch Präsident Ronald Reagan konnte diesen Vergleichen entkommen. Vielleicht auch, weil er in einem Film während des Zweiten Weltkriegs eine Heldenrolle spielte und als Kampfpilot einem SS-Offizier einen Kinnhaken verpasste.
Jimmy Carter, Gerald Ford und Richard Nixon wurden auch nicht alljährlich mit Hitler oder dem Holocaust in Zusammenhang gebracht. Vielleicht waren die Wunden des Zweiten Weltkrieges noch zu frisch, es gab noch zu viele Menschen, die sich an den Krieg und die Gräueltaten erinnerten. Für sie war der Krieg vielleicht noch zu sehr eine Tragödie, aus der es kein politisches Kapital zu schlagen galt. Es hat wohl auch nicht geschadet, dass Photoshop erst in den 1990er Jahren aufkam und damals das Internet noch tatsächlich Neuland war.
Doch diese Tage sind vorbei. Die US-Wahlen sind noch mehr als 15 Monate entfernt und man kann davon ausgehen, dass die Republikaner weiterhin ihre Twitter-Kanonen mit Hitler-Vergleichen füllen und auf den Amtsinhaber und die Demokraten abfeuern. Vielleicht bekommt sogar der jüdische Sozialist, Bernie Sanders, eine Salve ab. Und ab einem bestimmten Punkt werden sich die Republikaner wahrscheinlich sogar gegenseitig damit beschießen.