'Nein' zu Monsanto und Gentechnik
27. Mai 2013"Es hat angefangen über Facebook." Dominic Titus stieß über das Soziale Netzwerk auf den weltweiten Protestaufruf. Er hatte schon bei anderen Demonstrationen mitgeholfen und sagte schließlich zu, den Protest gegen Monsanto in München mitzuorganisieren. Etwa 300 Menschen haben dort am Wochenende beim "March against Monsanto" demonstriert.
"US-Aktivisten haben die Sache ins Leben gerufen", erklärt der 30-Jährige im DW-Interview. Ein zufällig zusammen gewürfelter Haufen hat schließlich mitgemacht, nach Schätzung der Nachrichtenagenturen waren es Zehntausende in hunderten Städten. Genaue Zahlen sind schwer zu ermitteln, die Aktivisten selbst sprechen sogar von mehr als zwei Millionen. Auf Plakaten und Spruchbändern waren in den USA, Argentinien, den Niederlanden, Australien und vielen weiteren Ländern Slogans zu lesen wie "Monsanto tötet" und "Rettet die Biodiversität".
Umfassende Vorwürfe
Die Vorwürfe der Demonstranten gegen den Konzern sind vielfältig: Er soll versuchen, durch sein spezielles gentechnisch verändertes Saatgut das Monopol auf Nahrungsmittel zu bekommen und Bauern in die Abhängigkeit zu drängen. Um seine Ziele zu erreichen, habe er sich in Politik und Wissenschaft gut vernetzt. Der Weltkonzern versuche immer wieder, genmanipuliertes Saatgut und damit Leben zu patentieren und gefährde die Gesundheit der Verbraucher, Monsanto handle einfach nicht im Sinne der Bevölkerung.
"Der Einsatz von Gentechnik ist sicher", betont dagegen Ursula Lüttmer von Monsanto Deutschland im DW-Gespräch. Das würden zahlreiche Studien belegen. Die Demonstranten vom Wochenende hätten nicht alle Informationen, die sie bräuchten, um sich ein vollständiges Bild zu machen, sie würden nur "selektiv zuhören". Monsanto setze auf nachhaltige Landwirtschaft, die mehr produzieren könne, die Ressourcen schone und den Lebensstandard so verbessere. Ein Nachteil für Mensch, Tier oder Umwelt sei nicht zu erkennen. "Es hat ein bestimmter Meinungs-Mainstream eingesetzt. Wir müssen immer wieder neu erklären, was wir innerhalb dieser Technologie schon an Fortschritten erreicht haben", so Lüttmer.
Greenpeace Deutschland hat die Demonstrationen am Wochenende zwar begrüßt, sich aber nicht offiziell daran beteiligt. Stephanie Töwe, die Gentechnik-Expertin der Umweltschutzorganisation, sprach von einem "Rundumschlag" ohne genauen Fokus. Das gibt auch der Münchner Aktivist Dominic Titus zu. Man habe sich nicht nur auf Monsanto beschränken wollen: "'March against Monsanto' war nur der globale Slogan. Andere Firmen wie Bayer, BASF, KWS oder Syngenta sonnen sich im Windschatten der Kritik und dürfen unbehelligt weitermachen."
Einflussreicher Weltkonzern
Monsanto steht für gentechnisch veränderte Lebensmittel wie kein zweiter Konzern. Er gilt weltweit als das größte Unternehmen, das mit solchem Saatgut handelt. Monsanto kauft auch andere Saatgut-Unternehmen auf und wird dadurch immer größer, Kritiker sprechen schon von einem Quasi-Monopol. Der mehr als hundert Jahre alte Konzern hat Niederlassungen in mehr als 60 Ländern. Seit einiger Zeit konzentriert er sich hauptsächlich auf die Landwirtschaft. Er stellt sein Saatgut zur Verfügung und parallel dazu die passenden Unkrautbekämpfungsmittel.
Vor einigen Jahren sei der Name noch fast unbekannt gewesen, sagt Gentechnik-Expertin Stephanie Töwe im Gespräch mit der Deutschen Welle. Doch die Proteste gegen Monsanto hätten weiter zugenommen, auch im Mutterland USA. "Heute ist es fast schon ein gängiges Schimpfwort. Landwirte, Imker, Kirchen und andere Organisationen beschäftigen sich jetzt mit diesem Unternehmen."
In Deutschland ist der Anbau von Genpflanzen verboten, auch zu Testzwecken. Europaweit sind zwei solcher Pflanzen zugelassen, die Gen-Kartoffel Amflora von BASF und MON 810, eine Maissorte von Monsanto. In Europa sind die Anbaugebiete aber eher klein, zumindest im Vergleich zu Nord- und Südamerika.
Gentechnisches Wettrüsten
Viele Landwirte in den USA waren zunächst begeistert von den wirtschaftlichen Erfolgen, die Monsanto versprach. Die Gentechnik-Pflanzen und die passenden Unkrautvernichter sorgten dafür, dass mit wenig Arbeitsaufwand große Erträge eingefahren werden konnten. Allerdings müssen die Landwirte ihr Saatgut jedes Jahr neu kaufen. Wenn sie es selbst vermehren wollen, begehen sie laut Monsanto eine Patentverletzung. Wie Gentechnik-Expertin Töwe sagt, haben die Farmer mittlerweile auch mit massiven Resistenzen zu kämpfen. Schädlinge und Unkräuter breiteten sich wieder verstärkt aus, neue Pestizide seien nötig.
"Es hat sich gezeigt, dass der Pestizid-Einsatz in den USA in den vergangenen Jahren massiv gestiegen ist, auch in Argentinien und Brasilien, wo Gen-Soja und Gen-Mais angepflanzt werden." Deshalb würden neue Gen-Pflanzen entwickelt, die noch mehr Pestizide aushalten. Diesen Kreislauf hält Greenpeace-Expertin Töwe für "pervers": "Solche Pflanzen müssten wie Medikamente getestet werden, mit Tierversuchen. Wir haben genügend andere Kulturpflanzen, bei denen es solcher Tests nicht bedarf." Derartige Tests fänden zudem viel zu selten statt. Gentechnisch veränderte Pflanzen sind Greenpeace zufolge schlicht unnötig, mögliche Risiken nicht abschätzbar.