Nepal: Lawine verschüttet 250 Menschen
28. April 2015Bei einem weiteren Lawinenabgang nach dem schweren Erdbeben in Nepal sind möglicherweise rund 250 Menschen verschüttet worden. Die Lawine sei in Ghodatabela an der beliebten Trekking-Route Langtang ins Tal gerast, sagte ein Behördenvertreter. In der Nähe lag das Zentrum des Bebens vom Samstag, das weite Regionen des Himalaya erschütterte. Dass nun weitere 250 Menschen verschüttet wurden, sei eine "vorläufige Schätzung", so der Behördenvertreter weiter. Es sei möglich, dass auch ausländische Touristen betroffen seien. Die Langtang-Route liegt nicht weit von Kathmandu entfernt. Doch gebe es wenig Informationen, weil die Gegend nicht leicht zugänglich und die Kommunikation schwierig sei. Die Rettungsbemühungen würden vom schlechten Wetter behindert.
Acht Millionen Nepalesen direkt betroffen
Das Erdbeben von der Stärke 7,8 droht sich zur größten Katastrophe auszuweiten, die Nepal je getroffen hat. Bis zu 10.000 Menschen könnten getötet worden sein, sagte Ministerpräsident Sushil Koirala. Damit wäre das verheerende Beben von 1934 übertroffen, bei dem rund 8500 Nepalesen starben. Nach jüngsten Angaben des Innenministeriums wurden bislang mehr als 5000 Tote gezählt. Darunter befindet sich auch ein Deutscher, ein Geografie-Professor der Universität Göttingen. Die 15 ihn begleitenden Studenten wurden leicht verletzt. Insgesamt wird die Zahl der vermissten Deutschen auf über hundert geschätzt.
Von den Erdstößen getroffen wurden auch Gebiete in Nordindien und in Tibet. In Indien starben mehr als 70 Menschen, in Tibet mindestens 25. Nach neuesten Zahlen erlitten allein in Nepal mehr als 10.000 Menschen bei dem Beben oder den Nachbeben Verletzungen, rund 1,4 Millionen sind auf Nahrungsmittel-Lieferungen angewiesen. Die UN schätzen, dass acht Millionen der insgesamt 28 Millionen Nepalesen direkt von der Katastrophe betroffen sind.
Flughafen von Kathmandu völlig überlastet
Die internationale Hilfe trifft unterdessen nur zögerlich in Nepal ein. Laut lokalen Medien reisten zwar mehrere Ärzte- und Rettungsteams aus verschiedenen Ländern an. Dennoch fehle es weiter an Gütern für die Grundversorgung der Überlebenden wie Zelte, Medikamente, Trinkwasser und Lebensmittel. Der Flughafen der Hauptstadt Kathmandu gleicht einem Nadelöhr, das Helfer und Güter passieren müssen. Mehrere Flugzeuge mit Hilfslieferungen beispielsweise aus Indien mussten wegen der Überlastung des kleinen Airports aber wieder umdrehen. Zugleich ist der Flughafen überlaufen mit Tausenden Menschen, die das Land so schnell wie möglich verlassen wollen.
Über die Lage in entlegenen Landesteilen Nepals ist dagegen noch immer wenig bekannt. Viele Straßen sind durch Erdrutsche blockiert, Dörfer von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten. Wegen der wenig ausgebauten Infrastruktur, die zudem durch das Beben teils schwer beschädigt wurde, können Hilfsgüter nicht in alle betroffenen Regionen transportiert werden.
Entwarnung nur in den Bergsteiger-Gebieten
Besonders schwer haben es die Rettungskräfte im Bergland. In Barpak im Nordnepal fanden Hubschrauber keinen Landeplatz. Darauf machten sich Soldaten auf den Weg, erst im Bus und dann weiter zu Fuß. Im Distrikt Gorkha, der Heimat der weltbekannten Gurkha-Soldaten, sind nach Angaben der Behörden bis zu 1700 Häuser zerstört worden. Lebensmittelpakete wurden von Hubschrauber über den Siedlungsgebieten abgeworfen.
Entwarnung gibt es einzig in den Bergsteiger-Gebieten im Himalaya. Alle Hochlager am Mount Everest seien mit Helikoptern evakuiert worden, berichteten Bergsteiger. Mehr als 150 Bergsteiger wurden seit Montag aus den höheren Lagen des Massivs in Sicherheit gebracht, mindestens 17 waren bei durch die Erdstöße ausgelösten Lawinenabgängen umgekommen.
Unterdessen kommen aus aller Welt weitere Hilfszusagen: Die Vereinten Nationen stellten aus ihrem Nothilfefonds 15 Millionen Dollar (13,7 Millionen Euro) zur Verfügung. Das Welternährungsprogramm (WFP) startete einen Großeinsatz, um 1,4 Millionen Menschen in den kommenden drei Monaten zu versorgen. Dafür würden 116,5 Millionen Dollar benötigt, teilte die Organisation mit und bat um Spenden. Die USA stockten ihre Ersthilfe auf zehn Millionen Dollar (9,2 Millionen Euro) auf, Australien auf 4,7 Millionen Dollar.
sti/kle (afp, dpa epd, rtr)