Dreharbeiten zu "House of Cards" eingestellt
1. November 2017Netflix habe gemeinsam mit dem Produzenten Media Rights Capital "entschieden, die Produktion der sechsten Staffel von 'House of Cards' bis auf weiteres einzustellen, um Zeit zu haben, die aktuelle Situation zu prüfen", hieß es in einem Statement. Die Entscheidung, dass nach der sechsten Staffel Schluss sei, habe jedoch schon festgestanden, bevor Missbrauchsvorwürfe gegen Kevin Spacey laut geworden seien.
Umstrittenes Outing
Der US-Schauspieler Anthony Rapp hat Spacey in einem Artikel in dem US-Medienportal BuzzFeed beschuldigt, ihn als 14-Jährigen sexuell bedrängt zu haben. Laut Rapp soll Spacey ihn im Jahr 1986 nach einer Party in seinem New Yorker Apartment auf sein Bett gelegt haben und anschließend auf ihn gestiegen sein. Er habe sich aus Spaceys Umklammerung herausgewunden und die Wohnung verlassen. Rapp brachte seine Anschuldigungen im Zuge der Vergewaltigungs- und Belästigungsvorwürfe gegen Filmproduzent Harvey Weinstein hervor.
Spacey antworte einen Tag später in einem Statement auf Facebook und Twitter, dass er sich an den Vorfall nicht erinnern könne. "Aber wenn ich mich damals so verhalten habe, wie er es beschreibt, dann schulde ich ihm die aufrichtigste Entschuldigung für etwas, das zutiefst unangemessenes betrunkenes Verhalten gewesen wäre." Gleichzeitig outete er sich als schwul. Das Timing für das Outing wurde im Netz vielfach kritisiert, weil es von den eigentlichen Vorwürfen ablenke.
Ungewöhnlicher Schritt
Die Stilllegung der Produktion durch Netflix stellt einen ungewöhnlichen Schritt dar in einer Branche, in der jeder (Dreh-)Tag zählt. Aber seit dem Weinstein-Skandal scheint alles anders. Dass eine Serie wegen etwas anderem als wirtschaftlichen Überlegungen auf Eis gelegt werde, sei sehr selten, bekräftigte der TV-Historiker und früherer Produzent Tim Brooks gegenüber der Nachrichtenagentur AP. "Es geht eigentlich nur darum, wie erfolgreich eine Show ist".
Neue Anschuldigungen durch weiteren Schauspieler
Der mexikanische Schauspieler Roberto Cavazos hat auf seiner Facebook-Seite nun ebenfalls schwere Vorwürfe gegen Oscar-Preisträger Spacey erhoben. Während dessen Zeit als künstlerischer Direktor des Old Vic Theatre in London habe es unzählige Übergriffe und ungewollte sexuelle Avancen gegeben. "Viele von uns haben eine 'Kevin-Spacey-Geschichte'. Es brauchte wohl nur einen jungen Mann unter 30, und Herr Spacey fühlte sich frei, uns anzufassen", schrieb der 35-jährige Cavazos auf Facebook: "Es war so üblich, dass es sogar zu einem lokalen Witz wurde (von schlechtem Geschmack)."
Spacey war zwischen 2004 und 2015 an dem Londoner Theater engagiert. In einem Statement betonte die Theaterleitung: "Ungebührliches Verhalten jedes Mitarbeiters des Old Vic ist völlig inakzeptabel." Beschwerden würden unter einer bestimmten Mailadresse entgegengenommen und vertraulich behandelt. "Wir haben externe Berater eingesetzt, die uns bei der Bearbeitung der eingegangenen Informationen unterstützen."
jhi/gri (reuters/ape/dpa)