Junges mexikanisches Kino
16. April 2013Bei den Filmfestspielen in Cannes wurde "Miss Bala" 2011 als Überraschungserfolg gefeiert. Im deutschen Kinoalltag ging der mexikanische Film im vergangenen Jahr ein wenig unter. Dabei bestätigte "Miss Bala" einmal mehr: aus Lateinamerika kommen derzeit viele starke, präzise inszenierte Filme, die Politik und Gesellschaft, Verbrechen und Privatleben miteinander verzahnen und die Zuschauer mitreißen.
"Miss Bala" beruht auf einer authentischen Geschichte. Es ist die einer jungen Schönheitskönigin, die zufällig in den Sog des mexikanischen Drogenkriegs gerät. Gezeigt wird hier, wie sich ein einzelner Mensch in einem Gestrüpp aus Kriminalität, Korruption und Gewalt verliert. Und da es sich dabei um eine junge Frau handelt, wird noch etwas anderes deutlich: die oft von Männergewalt beherrschten Gesellschaften Mittel- und Südamerikas.
Zehntausende Tote forderten die Auseinandersetzungen zwischen den Drogenkartellen und dem Staat in den letzten Jahren in Mexiko. Doch die Leistung des Films und seines Regisseurs Gerardo Naranjo liegen weniger im dokumentarisch anmutenden Blick auf ein Land im Banne der Kriminalität. Was "Miss Bala" so packend und mitreißend macht, ist vor allem der Blick auf das einzelne Individuum, das sich in einer Hölle auf Erden zu behaupten versucht. Für den deutschen Zuschauer eine auch filmästhetisch unbedingt lohnende Entdeckung.
Gerardo Naranjo: "Miss Bala", Mexiko 2011, 113 Minuten, mit Stephanie Sigman, Noe Hernandez, James Russo, José Yenque u.a., auf DVD beim Anbieter 20th Century Fox erschienen.