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Neuanfang bei der Deutschen Bank?

Henrik Böhme7. Juni 2015

Führungswechsel bei der Deutschen Bank: Der Brite John Cryan wird neuer Co-Chef und ersetzt Anshu Jain. Jürgen Fitschen darf noch ein Jahr bleiben. An der Strategie der Bank soll festgehalten werden.

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John Cryan wird neuer Chef der Deutschen Bank
Bild: Reuters/A. Wiegmann

Am Ende ging es überraschend schnell. Keine drei Wochen mehr, dann wird Anshu Jain sein Amt als einer der beiden Co-Chefs der Deutschen Bank niederlegen. Jürgen Fitschen, der sich den Chefposten bei Deutschlands größtem Geldhaus mit Jain seit drei Jahren teilt, darf noch bis zur nächsten Hauptversammlung im Mai 2016 im Amt bleiben. Er soll, so teilte es die Bank am Sonntag mit, für einen reibungslosen Übergang sorgen und den neuen Vorstandschef einarbeiten. Der Neue heißt John Cryan (Artikelbild), ist Brite und 54 Jahre alt. Er saß bislang im Aufsichtsrat der Bank und hatte dort ein besonderes Auge auf das Risikomanagement des Vorstandes.

Kein Ende der Skandale

Der Kredit für Jain und Fitschen war offenbar endgültig aufgebraucht. Immer wieder wurde die Bank von den Skandalen der Vergangenheit eingeholt, musste Milliarden und Millionen an Strafen zahlen. In München muss sich Jürgen Fitschen mit anderen Ex-Deutsche-Bank-Chefs gerade vor Gericht verantworten. Alles andere als hilfreich auf dem Weg zu besseren Zeiten. Ein Ende ist nicht in Sicht. Gerade wurden neue Geldwäsche-Vorwürfe aus Russland bekannt. Auf der jüngsten Hauptversammlung wurde der Vorstand der Bank von den Aktionären schwer angezählt. Die von der Bank kurz davor verkündete neue Strategie bekam vernichtende Kritik, der vom Führungsduo versprochene Kulturwandel finde praktisch nicht statt. Und selbst Aufsichtsratschef Paul Achleitner hielt sich mit seiner Meinung nicht zurück: "Das öffentliche Bild der Deutschen Bank ist stark angeschlagen und beschädigt." Das waren mehr als deutliche Worte in Richtung Führungsspitze.

Deutsche Bank Anshu Jain Jürgen Fitschen
Getrennte Wege: Jain (links) muss gehen, Fitschen darf noch etwas bleibenBild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Klare Ansage der Aktionäre

Als dann zum Ende des Aktionärstreffens das Abstimmungsergebnis bekannt wurde, klang es wie eine schallende Ohrfeige: Nur knapp über 60 Prozent stimmten für die Entlastung des Vorstands. Ein vernichtendes Resultat, und es war klar, dass man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen konnte. Denn nun erhöhten auch die Großaktionäre, die bislang noch zu Jain und Fitschen gestanden hatten, den Druck auf den Aufsichtsrat, zu handeln. Die beiden größten Anteilseigner der Bank sind mit 6,6 Prozent die weltgrößte Fondsgesellschaft Black Rock und die Paramount Service Holding aus Katar, die 5,8 Prozent der Papiere halten.

Offenbar galt nun nur noch zu klären, wie man Jain und Fitschen einigermaßen gesichtswahrend von der Spitze kickt - und wer ihnen folgen soll. Rückhalt von Oberkontrolleur Achleitner war nicht mehr zu erwarten. Er hatte schon vor der Hauptversammlung in einem Interview auf einen Treueschwur verzichtet, als er gefragt wurde, ob Jain und Fitschen unersetzlich seien. "Wer ist das schon?", lautete seine Antwort.

Deutschland Wirtschaft Symbolbild Bankenviertel in Frankfurt Deutsche Bank Türme
Soll und Haben - das sollen die beiden Türme der Deutschen Bank symbolisierenBild: dapd

Kehrt der neue Besen gut?

Jetzt also wurden Nägel mit Köpfen gemacht. Jain muss praktisch sofort gehen und soll der Bank nur noch als "Berater" zur Seite stehen. Fitschen, immerhin schon 67, wird den neuen Mann an der Spitze noch ein Jahr lang einarbeiten und sich dann in den Ruhestand verabschieden. Doch steht John Cryan für einen so dringend notwendigen Neuanfang? Und: Verliert die Bank nicht ein weiteres Jahr, wenn sie von einer Doppelspitze geführt wird, wo nunmehr augenscheinlich klar ist, dass die Doppelspitze Jain/Fitschen definitiv nicht funktioniert hat?

Zumindest wird man Cryan nicht mit den Verfehlungen der Vergangenheit in Verbindung bringen können, das ist auf jeden Fall ein Pluspunkt. In seiner Zeit als Finanzchef der Schweizer Großbank UBS (von 2008 bis 2011) bereinigte er die Bilanz der Bank um die Altlasten der Finanzkrise und sorgte so dafür, dass die UBS wieder in die Spur kam. Ähnliches wird man nun wohl auch bei der Deutschen Bank erwarten können. Nach ersten Äußerungen plant Cryan (noch) keine Abkehr von der gerade beschlossenen Strategie. In der am Sonntag verbreiteten Mitteilung der Bank wird er so zitiert: "Unsere Zukunft hängt davon ab, wie gut wir unsere Strategie umsetzen, unsere Kunden überzeugen und die Komplexität reduzieren."

Von Aktionären und Analysten waren positive Reaktionen zu vernehmen. Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment - einer der Top-20-Investoren – begrüßte den Wechsel, der für ihn nicht überraschend komme. "Das ist die Konsequenz aus dem Abstimmungsdesaster auf der Hauptversammlung." Klaus Nieding von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW), der auf der Hauptversammlung zu den schärfsten Kritikern gehört hatte, begrüßte den Wechsel ebenfalls, die sei nach den Skandalen der Vergangenheit "nur konsequent."