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Neuer Leiter beim Tanztheater Wuppertal

Ulrike Burgwinkel18. April 2013

Erbe einer Ikone: Vier Jahre nach dem Tod der legendären Tänzerin und Choreografin Pina Bausch steht mit Lutz Förster der neue Leiter des weltberühmten Tanztheaters in Wuppertal fest. Was ist von ihm zu erwarten?

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Bild: BERTRAND GUAY/AFP/Getty Images

Es interessiere sie nicht, wie Menschen sich bewegen, sondern was sie bewegt. Das hat Pina Bausch gesagt. Ihre Vision von Tanz setzte sich deutlich vom klassischen Ballett ab, sah sich eher dem deutschen Ausdruckstanz verpflichtet. Die Chefin des Tanztheaters am Opernhaus in der westdeutschen Stadt Wuppertal wurde zu einer Ikone, vielfach ausgezeichnet für ihre Arbeiten, umworbener Gast in den großen Opernhäusern der Welt.

Mit ihrem überraschenden Krebstod im Juni 2009 ging eine Ära zu Ende. Der deutsche Regisseur Wim Wenders setzte ihr mit dem Dokumentarfilm "Pina" 2011 posthum ein Denkmal. Der Film wurde für den Oscar nominiert, das lenkte global Aufmerksamkeit auf Pina Bausch.

Schockstarre nach Pina Bauschs Tod

Ihr plötzlicher Tod versetzte die Tanzwelt, das weltweite Publikum und das Ensemble zunächst in eine Art Schockstarre. Man entschied sich für eine Weiterführung des Tanztheaters Pina Bausch unter der künstlerischen Leitung des Bausch-Assistenten Robert Sturm und des langjährigen Tänzers und Vertrauten Dominique Mercy. Eine richtige Entscheidung, gelang es doch den Beiden, das Ensemble mental und künstlerisch aufzufangen, Zuschauer zu halten und neu zu gewinnen: Die Auftritte der Tanztruppe sind weltweit gefragt wie nie zuvor. So feierte das Ensemble mit den Gastspielen zur Olympiade in London 2012 Triumphe.

Allerdings machten sich Ende letzten Jahres vor allem im Ensemble Unmut und eine gewisse Unruhe breit. Denn es bedeutet tänzerisch keine spannende Herausforderung, ausschließlich die Bausch-Tradition zu pflegen, indem die alten Repertoire-Stücke recycelt, sprich neu einstudiert und aufgeführt werden. Irgendwann wirken diese Stücke museal und sind nicht mehr aktuell oder zeitgemäß in Thematik und Ausführung. Das kann für junge Tänzer auf Dauer nicht befriedigend sein und letztlich weder den Tanz-Begeisterten im Publikum, noch der Kritik gefallen.

Der Tänzer und Tanzpädagoge Lutz Förster Rechte: privat.
Der Tänzer und Tanzpädagoge Lutz FörsterBild: privat

Ein Blick nach vorn

So entschloss man sich in Wuppertal, einen zaghaften Neuanfang zu wagen, dessen Erfolg sich erst noch erweisen muss. Die künstlerische Leitung des Tanztheaters übernimmt ab Sommer 2013 der Tänzer und Tanzpädagoge Lutz Förster. Das Tanztheater habe sich einstimmig für ihn als neuen Leiter ausgesprochen, sagt Geschäftsführer Dirk Hesse. Förster übernimmt die Aufgabe mit Respekt: "Aber ich habe keine Angst davor."

Pina Bausch holte ihn schon 1975 in ihr Ensemble. Er hat in fast allen Stücken mitgetanzt und ist dem Publikum dank seiner außerordentlichen Bühnenpräsenz in Erinnerung. Bei Youtube hat seine emotionale, zu Herzen gehende Interpretation des Songs "The Man I love" in Gebärdensprache neue und nicht unbedingt Tanztheater-affine Fans dazu gewonnen.

"Pinas große Fußstapfen"

Lutz Förster bekleidet derzeit eine Professur für zeitgenössischen Tanz an der berühmten Folkwang Hochschule in Essen. Die wird er zunächst ruhen lassen, um sich ganz der Weiterentwicklung des Wuppertaler Tanztheaters zu widmen. Als jahrelanger enger Vertrauter von Pina Bausch, als Kenner der speziellen Bausch-Denke und Choreographie sowie ihres Probenkonzeptes ist er eine passende Besetzung des Postens.

Seiner neuen Aufgabe begegnet er dennoch mit Bescheidenheit: "Man kann hinter Pinas großen Fußstapfen nur hinterherlaufen." Die Bewahrung des Erbes von Pina Bausch kann er garantieren. Die Tänzer des Ensembles kennen ihn und sie vertrauen ihm.

Keine Neuinszenierungen bis 2015

Allerdings ist der charismatische Förster kein Choreograf und er hat auch nicht vor, neue Stücke ins Repertoire aufzunehmen: "Bis 2015 wird es keine Neuinszenierungen geben." Im Herbst feiert das Tanztheater sein 40-jähriges Bestehen mit einem großen Festival. In der Vorbereitung des Festivals im Herbst sieht Förster zunächst seine Hauptaufgabe. Bis 2015 läuft seine Amtszeit. Eine ganz wesentliche Aufgabe neben der Repertoirepflege und der Festivalvorbereitung liegt aber in der Entwicklung eines Zukunftskonzeptes. Eine frische Perspektive wird gesucht, neue Stücke sollen konzipiert werden. Da sind innovative Ideen und kreative Fantasie gefragt. Lutz Förster wird dafür Mitstreiter brauchen, Impulsgeber und Moderatoren, die noch nicht namentlich genannt wurden.

Derzeit laufen eher informelle Gespräche. Aber ein Name fiel dennoch: Stefan Hilterhaus. Hilterhaus ist selbst Folkwang-Absolvent und leitet derzeit das Choreographische Zentrum "Pact" in Essen. "Pact" hat sich nicht nur bei der Vorstellung zeitgenössischen Tanzes und experimenteller Performances international renommierter Choreografen einen Namen gemacht, sondern auch durch Kooperationen mit Hochschulen sowie genreüberschreitenden Ateliers.

Eine Tänzerin dpa - Bildfunk+++
Tänzerin bei Proben im Opernhaus in WuppertalBild: picture-alliance/dpa

Öffnung des Bausch-Zirkels

Hilterhaus wäre also ein guter Ratgeber. Von diesen Gesprächen könnte man sich, vorsichtig formuliert, eine Öffnung des Bausch-Zirkels erhoffen. Dem oft als "Closed Shop" bezeichneten Tanztheater, dessen Stücke von anderen Compagnien nicht aufgeführt werden, würde eine solche Öffnung hin zu anderen Konzepten, Ideen und Choreografen sicher zugute kommen.

Wer auch immer diese Öffnung gemeinsam mit Lutz Förster anstößt, sie ist nötig. Nur dann kann ein zukunftsfähiges Konzept für das weltberühmte "Tanztheater Pina Bausch" die Compagnie nach 2015 weiter tragen. Die beiden ehemaligen Leiter Dominique Mercy und Robert Sturm hatten zwar wegen der kräftezehrenden Arbeit um ihre Entlassung gebeten. Sie werden allerdings dem Tanztheater Pina Bausch erhalten bleiben: Sturm als Betriebsdirektor und Mercy als Berater.