Neue Maskenregel gefährdet Jobs in Portugal
4. Februar 2021Auf Deutschland ist Filipe Prata gerade gar nicht gut zu sprechen: "Die deutsche Entscheidung, FFP2-Masken (oder sogenannte OP-Masken) vorzuschreiben, hat uns praktisch einen Markt zerstört", klagt der Direktor und Besitzer der Textilfabrik Daily Day aus dem Großraum um die nordportugiesische Stadt Porto. "Wir haben in neue Maschinen und Know-how investiert, um die Arbeitsplätze zu sichern. Und jetzt können wir nicht mehr nach Deutschland exportieren." Seit der FFP2-Maskenvorschrift in Deutschland, Österreich und Frankreich sind die Bestellungen stark zurückgegangen und die 60 Arbeitsplätze in seinem Betrieb gefährdet. "Dabei hatten wir gerade angefangen, unsere Geschäftsbeziehungen nach Deutschland auszubauen."
Portugals Textilsektor beschäftigt rund 130.000 Personen und hat vor der COVID-Krise jährlich Waren im Wert von etwa drei Milliarden Euro exportiert, vor allem in EU-Länder. Viel hatte sich in den vergangenen Jahren getan: Aus Billig-Produzenten, die nicht mehr mit asiatischen Produkten, die noch billiger waren, konkurrieren konnten, wurden Firmen, die für teure, qualitativ hochwertige europäische Marken arbeiten, aber auch mit eigenen Labels auf den Markt drängten.
Textilmasken als Rettungsring
Dann kam die Corona-Pandemie: "Wir arbeiten fast ausschließlich für den Export, doch die Kleiderbestellungen sind bis zu 70 Prozent eingebrochen", erklärt Filipe Prata. Da stellte er die Produktion auf Atemmasken um: "Zertifizierte, dreilagige Textilmasken mit einem Wirkungsgrad von über 90 Prozent, also genauso gut wie die FFP2-Masken", versichert er. 15.000 davon hatte er schon nach Deutschland exportiert, dann war Schluss.
Es sei schlimm, dass die Länder Europas verschiedene Vorschriften für den Gebrauch von Atemmasken ausgegeben hätten, findet César Araújo vom Industrieverband ANIVEC: "Die Regeln für Masken sollten einheitlich sein, dafür haben wir doch die Europäische Union und die Kommission", schimpft er. Obendrein habe der deutsche Vorstoß das Vertrauen in die zertifizierten Textilmasken erschüttert. Darum müssten die Produzenten auch mit Absatzeinbrüchen in anderen Ländern und in Portugal rechnen. Und wenn die Bestellungen weiter zurückgehen, seien in Portugal 15.000 bis 20.000 Arbeitsplätze gefährdet, rechnet sein Kollege Mário Jorge Machado vom Verband ATV vor. "Ich kann nicht nachvollziehen, warum Textilmasken, die genauso gut sind wie FFP2-Masken, in manchen Ländern nicht mehr verwendet werden dürfen", sagt Machado.
Geprüfte Qualitätsprodukte
In Portugal dürften etwa 1.000 Unternehmen vom Textilmasken-Bann, der in Deutschland und einigen anderen Ländern inzwischen gilt, betroffen sein, rechnet Machado vor. Unternehmen, die sich auf die Produktion von zertifizierten Textilmasken verlegt haben, die für Preise zwischen drei und neun Euros auf dem Markt angeboten werden. "Das sind keine hausgemachten Billigmasken, sondern Produkte, die den Hygienevorschriften entsprechen", betont Machado. Und sie hätten den Vorteil, gewaschen und wiederverwendet werden zu können. Den Umweltfaktor betont auch sein Kollege César Araújo: "In Deutschland werden jeden Tag mehr als 100 Millionen medizinische oder FFP2-Masken weggeworfen. Das belastet die Umwelt und könnte mit guten Stoffmasken vermieden werden."
Der Unternehmer Filipe Prata hat derweil andere Sorgen: Für die nächste Zeit erwartet er keinen Anstieg der Bestellungen für Kleidungsstücke. Und wenn er nun auch seine zertifizierten Masken nicht mehr verkaufen kann, wird es wirklich eng: "Ich weiss nicht, wie ich mein Personal weiter beschäftigen soll."