Bombennacht in Gaza
29. Juli 2014Einwohner der Stadt Gaza berichten von den bisher schlimmsten Angriffen seit Beginn der Offensive vor drei Wochen. Israelische Drohnen seien über die Häuser geflogen, schwere Explosionen hätten die Stadt im Minutentakt erschüttert.
Nach Medienberichten wurde in Gaza etwa 150 Ziele mit Artillerie, von Kriegsschiffen und aus der Luft angegriffen. Rettungskräfte berichten von mindestens 16 Toten und zahlreichen Verletzten.
Trügerische Ruhe
Während des Tages hatten Israel und die Hamas auch ohne offizielle Feuerpause die Kampfhandlungen zu Beginn des islamischen Festes Eid al-Fitr am Ende des Fastenmonats Ramadan weitgehend eingestellt. Doch Hoffnungen auf eine Entspannung der Lage und eine womögliche längere Waffenruhe erwiesen sich als trügerisch.
Bei einem Mörsergranaten-Angriff militanter Palästinenser waren mindestens vier Israelis im Grenzgebiet zum Gaza-Streifen getötet worden. Es war der Angriff mit den bisher meisten Opfern in Israel seit Beginn der Militäroffensive im Gazastreifen vor drei Wochen. Am späten Montagabend und in der Nacht zum Dienstag reagierte die israelische Armee mit massiven Angriffen auf Ziele im Gaza-Streifen.
Eine der Attacken auf Gaza hat nach palästinensischen Angaben auch das Haus des führenden Hamas- Mitglieds Ismail Hanija getroffen. Hanija wurde 2006 Ministerpräsident in dem von der Hamas beherrschten Gazastreifen. Weder Hanija noch seine Familie seien zu Hause gewesen, als das Haus von Raketen zerstört wurde, heiß es.
In Tel Aviv gab es am frühen Dienstagmorgen den ersten Luftalarm seit Freitag. In der Region seien mehrere Explosionen zu hören gewesen, berichten israelische Medien. Über Schäden ist noch nichts bekannt. Auch in anderen Orten in Israel heulten die Sirenen.
Zivilisten zur Flucht aufgefordert
Stunden zuvor hatte das israelische Militär die palästinensische Zivilbevölkerung in mehreren Vororten der Stadt Gaza zur sofortigen Flucht aufgefordert. In einer Erklärung des Militärs heißt es, die Einwohner von Schedschaija, Seitun und Dschabalija seien in Telefonanrufen und per SMS aufgerufen worden, sich "unverzüglich" in Sicherheit zu bringen. Extremisten aus dem Gazastreifen drangen derweil in ein israelisches Dorf ein und lieferten sich ein Feuergefecht mit Soldaten. Dabei wurden dem israelischen Fernsehen zufolge fünf Angreifer getötet.
Netanjahu: Offensive geht weiter
Israels Premier Benjamin Netanjahu hat seine Landsleute auf einen längeren Krieg eingestimmt. "Wir werden den Einsatz nicht beenden, bevor wir die Tunnel der Hamas zerstört haben", sagte er in einer Fernsehansprache. "Die israelischen Bürger können nicht unter der Bedrohung durch Raketen und Tunnel leben - unter Todesdrohung von oben und von unten."
Das Tunnelsystem dient der Hamas nach israelischen Angaben als Waffenversteck, Kommandozentrale und Abschussbasis für Raketen. Unterirdische Gänge führen bis nach Israel. Verteidigungsminister Mosche Jaalon, der neben Netanjahu stand, sagte in der Fernsehsendung: "Wir werden nicht zögern, unsere Aktionen auszuweiten, um der Hamas noch mehr Schaden zuzufügen."
UN-Sicherheitsrat fordert sofortige Waffenruhe
In dem seit drei Wochen andauernden Konflikt wurden nach Angaben aus Gaza rund 1100 Palästinenser getötet, die meisten von ihnen Zivilisten. Auf israelischer Seite starben 43 Soldaten und sieben Zivilisten.
In der Nacht zum Montag hatte der UN-Sicherheitsrat einstimmig eine "sofortige und bedingungslose humanitäre Waffenruhe" im Gazakrieg gefordert. Die Konfliktparteien sollten die Kampfhandlungen einstellen, um Hilfe für die Menschen möglich zu machen, hieß es in einer verlesenen Erklärung des mächtigsten UN-Gremiums. Der Rat sei "tief besorgt" wegen der Verschärfung der Lage und des Todes von Zivilisten. Er unterstützte zugleich die Friedensbemühungen Ägyptens, von UN-Generalsekretär Ban und den USA.
In Ost-Jerusalem demonstrierten am Montag zehntausende Palästinenser gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen. Nach Angaben der Polizei versammelten sich 45.000 Palästinenser auf dem Weg zur Al-Aksa-Moschee, um das Ende des Ramadan zu feiern. Viele trugen T-Shirts mit Slogans, die die Hamas sowie ihre Kampfgruppen, die Essedin-al-Kassam-Brigaden, unterstützen.
re/wl/kle (dpa, afp, rtr)