Neue Hacker-E-Mails setzen Clinton zu
1. November 2016Gerade noch hatte die US-Bundespolizei FBI mit vorgeblich neu entdeckten E-Mails Staub aufgewirbelt, da sorgt die Enthüllungsplattform Wikileaks schon wieder für helle Aufregung im Lager der Demokraten. Im Kern geht es um den Vorwurf, die kommissarische Parteichefin Donna Brazile habe in ihrer Zeit als Analystin beim Fernsehsender CNN vorab Fragen mitgeteilt, die später im parteiinternen Vorwahlkampf der Bewerberin Hillary Clinton während einer TV-Debatte gestellt wurden. Dies legt jedenfalls die Korrespondenz von Clintons Wahlkampfchef John Podesta mit Brazile nahe.
CNN nahm die Dokumente zum Anlass, seine Expertin endgültig vor die Tür zu setzen. Brazile hatte die Tätigkeit bereits seit Juli ruhen lassen, als sie übergangsweise den Parteivorsitz übernahm. "Was wir über ihren Austausch mit Clintons Wahlkampfteam während ihrer Zeit als CNN-Mitarbeiterin erfahren haben, ist uns total unangenehm", erklärte eine Sprecherin des Senders.
Personalie mit Pointe
Die Pointe an der Personalie Brazile: Die langjährige Fernsehanalystin war nur deshalb als Übergangschefin der Demokraten nachgerückt, weil ihre Vorgängerin Debbie Wasserman Schultz hatte zurücktreten müssen - wegen anderer Enthüllungen auf Wikileaks.
Der republikanische Kandidat Donald Trump gab sich schon länger überzeugt, seine Rivalin Clinton sei vorab über Fragen in TV-Debatten informiert worden; Belege dafür hatte er aber nicht vorgelegt. Unabhängig davon hatte Trump angekündigt, als Präsident einen Sonderermittler auf die Demokratin anzusetzen. Dabei geht es um Clintons Umgang mit dienstlichen E-Mails während ihrer Zeit als Außenministerin.
Ungeschriebenes Gesetz gebrochen
FBI-Chef James Comey hatte am Freitag erklärt, seine Behörde werde neu entdeckte Mails prüfen. Diese seien möglicherweise für eine schon abgeschlossene FBI-Untersuchung zu dem Themenkomplex von Bedeutung. Comeys Schritt war ein Bruch mit der langjährigen Praxis, kurz vor Wahlen keine Informationen über Ermittlungsschritte bekanntzugeben, die sich auf das Wahlergebnis auswirken könnten. Die jüngsten Nachrichten stammen vom E-Mail-Konto der Clinton-Beraterin Huma Abedin und wurden auf einem Rechner ihres Noch-Ehemannes und Ex-Abgeordneten Anthony Weiner entdeckt. Über den Inhalt ist bisher nichts bekannt.
Trump zeigte sich hocherfreut: "Danke, Huma! Danke, Anthony Weiner!", sagte er bei einem Wahlkampfauftritt in der Stadt Grand Rapids. Zum ersten Mal seit Mai liegt der populistische Milliardär in einer Umfrage des Senders ABC und der "Washington Post" vor Clinton. Demnach kommt er auf 46 Prozent Zustimmung - einen Prozentpunkt mehr als die Demokratin. Ob sich das in genau einer Woche auch im Abstimmungsverhalten spiegeln wird, ist völlig offen.
Dass der abnehmende Enthusiasmus für Clinton auf die jüngsten Wikileaks-Veröffentlichungen zurückgehen dürfte, liegt allerdings nahe. Die Geheimdienste vermuten, dass das Geschenk für Trump aus Moskau kommt: Sie sehen Russland als Urheber des Hackerangriffs, durch den die veröffentlichten E-Mails ans Tageslicht kamen.
jj/uh (dpa, afp)