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Neue Speicher für Öko-Strom

Klaus Deuse
17. Februar 2021

Windkraft- und Solaranlagen liefern zu mancher Jahreszeit zuviel Strom. Bei der Energiewende kommt es aber darauf an, verfügbaren Öko-Strom zu speichern. Großbatterien machen es möglich.

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Photovoltaikanlage mit Solarmodulen
Bild: picture-alliance/Klaus Ohlenschläger

Mittlerweile stammen in Deutschland gut 42 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. Etwas mehr als zwölf Prozent liefern bislang noch Kernkraftwerke. Rund 28 Prozent steuern nach wie vor Kohlekraftwerke bei. Im Zuge der Energiewende sollen aber bis 2035, spätestens 2038 auch die letzten Kohleverstromer vom Netz gehen, auf die stets Verlass war, um Netzschwankungen auszugleichen.

Schließlich liefern Wind- oder Solaranlagen je nach Wetterlage nicht rund um die Uhr und zu jeder Jahreszeit verlässlich die aktuell nachgefragten Mengen.

Um über den Bedarf hinaus verfügbaren Ökostrom zu "bunkern", setzen diverse Unternehmen auf Großbatterie-Anlagen - entweder aus ausgedienten oder neuen Batterien von Elektroautos. Gleich drei solcher Anlagen befinden sich in Nordrhein-Westfalen.

Infografik Ökostrom in Deutschland

Frequenzabfall wäre fatal

Schon ein Abfall der Netzfrequenz von 50 auf 47 Hertz im deutschen Stromnetz könnte fatale Folgen haben. Bis hin zu einem Blackout. Etwa im Kontext einer "kalten Dunkelflaute": Herrschen über mehrere Tage hinweg schwacher Wind und starke Bewölkung vor, dann produzieren Windkraft- und Solaranlagen zu wenig Strom bei gleichzeitig kältebedingt hoher Nachfrage.

Darum gelten leistungsfähige Batteriespeicher als wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. "In dieser Speicher-Technologie", sagt Alexa Velten von der Energieagentur NRW, "steckt großes Potenzial drin".

Billiger Strom rein - teurer Strom raus

Eine Technologie, die sich für die Betreiber auch wirtschaftlich rechnet. Über den Bedarf hinaus verfügbarer Ökostrom kann günstig eingekauft und dann bei Nachfrage einträglich verkauft werden.

Um eine Kapazität von zwölf Megawattstunden (MWh) zu speichern, braucht es nach den Worten der Energieexpertin Alexa Velten nicht länger als eine Stunde. Und genauso schnell lassen sich diese zwölf MWh auch wieder ins Netz einspeisen. Und es geht so gut wie nichts verloren. "Die Selbstentladungsrate eines solchen Speichers", so Velten, "liegt bei nur vier bis fünf Prozent im Monat".

Systementwickler aus München

Maßgeblich beteiligt an entsprechenden Projekten in Deutschland ist der Systementwickler The Mobility House (TMH) aus München. So auch am Standort Werdohl-Elvering in Nordrhein-Westfalen. Hier, auf dem Gelände eines stillgelegten Kohlekraftwerkes, hat man zusammen mit Partnern wie Daimler 2000 Lithium-Ionen-Module für über 600 Smart-Elektroautos zu einem rund zehn Megawattstunden fassenden Speicher zusammengefügt.

Smart III-Batterie für Elektroautos
Auch als Speicher für Ökostrom geeignet: Smart III-Batterie für ElektroautosBild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

Stillgelegte Kraftwerke wie das in Werdohl bringen genau die Infrastruktur mit, die man für einen elektrischen Großspeicher benötigt: Nämlich die bereits vorhandenen Stromleitungen. Das ehemalige Kohlekraftwerks-Land Nummer eins, Nordrhein-Westfalen, eignet sich im Zuge der Energiewende daher besonders für den Ansiedlung von Speicher-Anlagen.

Frank Schäfer, der Leiter des Fachbereichs Energie/Speicher bei der Energieagentur NRW, stellt klar: "NRW wird vom Strom-Export- zum Strom-Import-Bundesland."

Beteiligung von Entsorgungsunternehmen

In Herdecke an der Ruhr verfügt auch der Versorger RWE an einem Pumpspeicherkraftwerk über vorhandene Stromleitungen. Im Zuge der Energiewende installierte das Unternehmen dort auch einen Batterieblock mit einer Leistung von sechs Megawatt und einer Kapazität von sieben Megawattstunden.

Ökostrom Deutschland
Solaranlage und WindräderBild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Ein weiterer Speicher befindet sich am Standort Lünen. Unter Beteiligung des Entsorgungsunternehmens Remondis entstand dort aus 1000 gebrauchten Auto-Akkus ein Speicher mit einer Kapazität von 13 Megawattstunden.

Akkus von Tesla

Diese Akkus hatte Tesla ursprünglich für den ersten E-Smart gebaut. In dem Fall handelt es sich um sogenannte Second-Use-Batterien. Ihre weitere Verwendung in einem Speicher, erläutert Alexa Velten, "verlängert die Lebensdauer dieser Batterien um bis zu zehn Jahre. Second Use ist keine Wolke sieben". Erst danach sind sie reif fürs Recyling, was wiederum das wirtschaftliche Interesse des Entsorgungsunternehmens Remondis an dem Speicher-Projekt erklärt. Denn bei den Rohstoffen dieser Batterien handelt es sich um Seltene Erden.

Seltene Erden in China Metalle der seltenen Erden
China, Ganxian: In einem Tagebau werden Seltene Erden gefördertBild: picture-alliance/dpa/FeatureChina

Nach Angaben der Hersteller von Elektroautos beträgt die Lebensdauer "frischer" Batterien (First Use) acht bis zehn Jahre. Allerdings können sie vor dem Einsatz in Fahrzeugen noch länger "frisch" gehalten werden. Und zwar durch den Einsatz in Großspeichern.

Nutzung vorhandener Infastruktur

Ob nun First-Use- oder Second-Use-Batterien: Beide bieten die Möglichkeit zur Speicherung von Ökostrom. Speicher, die alsbald in größerer Zahl benötigt werden, wenn die derzeit in der Bundesrepublik noch betriebenen Kohlekraftwerke stillgelegt werden.

Unabhängig davon wird nach den Worten von Alexa Velten von der Energieagentur NRW "intensiv nach alternativen Rohstoffen geforscht." Denn Seltene Erden als bisheriger Bestandteil von Lithium-Ionen-Batterien sind nicht nur selten, sondern auch teuer.

Bei der Energiewende geht es nicht allein um die Erzeugung von Ökostrom, sondern ebenso um Flexibilität bei der Weiterleitung. Unter diesem Aspekt besitzt Nordrhein-Westfalen aufgrund der zahlreichen Kohlekraftwerke und den drumherum vorhandenen Stromtrassen gute Perspektiven für die Ansiedlung von Batterie-Speichern. "Die vorhandene Infrastruktur wegzuwerfen," merkt Alexa Velten an, "das ist nicht nachhaltig".