Patriarch für Europa?
28. Januar 2010Keine zwei Monate nach dem Tod seines Vorgängers Pavle ist Irinej von der Synode der Serbisch-Orthodoxen Kirche zum Kirchenoberhaupt der Serben gewählt worden. Nach vier Wahlgängen waren drei Kandidaten in die engere Wahl gekommen: der Metropolit von Montenegro und dem Küstengebiet Amfilohije, der Bischof von Backa Irinej und der Erzbischof von Nis Irinej. Ihre Namen wurden in einem Couvert versiegelt und ins Evangelium gelegt. Das Wahlverfahren der serbisch-orthodoxen Kirche sieht vor, dass der Name des neuen Patriarchen unter diesen drei Kandidaten ausgelost wird.
Offen für EU-Integration
Auf seiner ersten Pressekonferenz legte er seine Positionen dar und umriss die bevorstehenden Aufgaben. Er unterstütze die europäische Integration Serbiens in der Hoffnung, dass Europa die Identität, Kultur und den orthodoxen Glauben der Serben achte. Im Hinblick auf die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo sei vorrangig der Staat dazu berufen dieses Problem zu lösen und dem serbischen Volk in dieser Region zu helfen. Die Kirche könne dem Staat allerdings dabei helfen.
Zentrum der Ortskirche
Das Problem der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo sei noch noch nicht gelöst und es müsse eine annehmbare Lösung für alle Völker im Kosovo gefunden werden. Er sehe jedoch keinesfalls eine Lösung in der Trennung von Serbien, weil "dieses ganze Land getränkt ist von serbischem Blut und uns gehört". Er betonte jedoch: "Dies wird uns nicht daran hindern, das Schicksal mit den übrigen Völkern, die dort auch gelebt haben, zu teilen." Die Lösung der Kosovo-Frage muss dem Patriarchen zufolge den Verbleib der Serben im Kosovo gewährleisten.
Die Inthronisierungsfeier für den neuen serbischen Patriarchen soll am 25. April in Pec (Kosovo) stattfinden. Zur Begründung sagte das serbisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt, dies sei der Sitz des ersten serbischen Patriarchats und das Zentrum der serbisch-orthodoxen Kirche. Er hoffe, dass die Wahl des Ortes im Kosovo nicht als Provokation gewertet werde.
Thema Kirchenstreit
Desweiteren sagte das Belgrader Kirchenoberhaupt, Serbien wolle gute Beziehungen zu den Nachbarn und eine tolerante Position gegenüber der islamischen Gemeinschaft und auch kleinen Glaubensgemeinschaften beibehalten. Irinej nahm auch Stellung zum Kirchenstreit mit Mazedonien und Montenegro, deren Bistümer sich von Belgrad losgelöst haben und auf ihre Selbstbestimmung bestehen, was in Belgrad nicht anerkannt wird.
Er sagte, mit der mazedonisch-orthodoxen Kirche bemühe man sich weiterhin um eine Lösung des Problems. Er stellte Skopje indes nicht in Aussicht, dass Belgrad einer Autokephalie zustimmen werde, sondern nur weitreichende Autonomie gewähren wolle. In diesem Punkt stimmt seine Position mit der seines Amtsvorgängers Pavle überein. Die Beziehungen zur montenegrinischen Kirche bezeichnete er hingegen als kritisch, vermutlich weil die montenegrinischen Kirchenvertreter noch vehementer für ihre Selbstbestimmung eintreten. Da aber die Montenegriner gespalten sind, ob sie sich der nach Unabhängigkeit strebenden montenegrinischen Kirche anschließen oder doch bei Belgrad bleiben sollen, konnte die montenegrinische Kirche bislang keine Mehrheit hinter sich vereinen. Dies bezeichnete Irinej als "tröstlich".
Der neue Partriarch Irinej - mit bürgerlichem Namen Miroslav Gavrilovic - wurde 1930 in Westserbien geboren. Nach dem Abitur besuchte er das Priesterseminar in Prizren (Kosovo). Daraufhin studierte er an den theologischen Fakultäten in Belgrad und Athen. Zum Erzbischof von wurde er 1975 ernannt.
Autoren: Dinko Gruhonjic / Mirjana Dikic (BETA)
Redaktion: Fabian Schmidt