Neuer Vorstand, neuer Anfang: Linkspartei sucht Kurs
3. Juni 2012Mit der Wahl Höhns wurde der Bundesparteitag am Sonntag fortgesetzt. Er blieb ohne Gegenkandidat, nachdem es am Vortag immer wieder Kampfabstimmungen gegeben hatte. Der Bundesgeschäftsführer erhielt 81 Prozent der Stimmen. Damit konnten die Reformer nach Einschätzung von Beobachtern wieder etwas Boden gut machen, nachdem sie zuvor bei der Wahl der Parteispitze eine Niederlage erlitten hatten.
Denn dabei hatte sich am Samstag (02.06.2012) der baden-württembergische Partei-Chef Bernd Riexinger in einer Kampfabstimmung gegen Bundestags-Fraktionsvize Dietmar Bartsch durchgesetzt. Für Riexinger stimmten 297 Delegierte, für Bartsch 251. Der 56-jährige Riexinger ist Vertreter des linken Gewerkschaftsflügels in der Partei. Der Ostdeutsche Bartsch gehört zu den profiliertesten Vertretern des Reformflügels.
Zuvor war bereits die sächsische Bundestagsabgeordnete Katja Kipping, bisher stellvertretende Parteichefin, zur Vorsitzenden gewählt worden. Auch die 34-Jährige setzte sich in einer Kampfabstimmung durch, gegen die Hamburger Fraktionschefin Dora Heyenn. Kipping, die sich keinem Parteiflügel zuordnen lassen will, erhielt bei ihrer Wahl 371 von 553 gültigen Stimmen.
Aufruf zur Geschlossenheit
Kipping und Riexinger folgen auf das Führungsduo Klaus Ernst und Gesine Lötzsch. Zu den stellvertretenden Vorsitzenden wurde auch Sahra Wagenknecht gewählt. Die Lebensgefährtin des früheren Vorsitzenden Oskar Lafontaine gilt ebenfalls als Wortführerin des fundamentalistischen Flügels.
Die neue Doppelspitze rief dazu auf, nun die Grabenkämpfe zu beenden und zur Geschlossenheit zurückzufinden. Riexinger sagte, er sei davon überzeugt, dass eine gemeinsame Linke wieder auf die Erfolgsspur zurückkommen werde. Kipping appellierte an die Partei, die Aufteilung in Ost und West zu überwinden.
In der Linken hatte sich in den vergangenen Monaten der meist aus Westdeutschen bestehende radikale Flügel und das reformorientiert-pragmatische Lager, das in Ostdeutschland dominiert, einen erbitterten Machtkampf geliefert. Die Partei war zuletzt bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.
Regierung oder lieber nicht?
Im Kern streitet die Partei darum, ob und unter welchen Bedingungen sich die Linkspartei an Regierungen beteiligen soll. In Brandenburg regiert die Linke derzeit als Juniorpartner in einer Koalition mit der SPD.
Die Linke war 2007 aus der Fusion der westdeutschen "Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit" (WASG), einer Organisation von linken Gewerkschaftern und ehemaligen Sozialdemokraten, mit der ostdeutschen PDS entstanden. Diese hat ihre Wurzeln in der ehemaligen DDR-Staatspartei SED. Daher ist die Linke vor allem im Osten stark verankert, wo sie bei Wahlen deutlich besser abschneidet als im Westen.
ml/jh (rtr, dpa)