Neuer Wahltermin für Libyen
21. Mai 2014Seit Monaten tobt in Libyen ein Machtkampf rivalisierender Milizen, der sich in den vergangenen Tagen mit der Offensive einiger hundert Soldaten unter dem abtrünnigen General Chalifa Kassim Haftar nochmals verschärft hat. Mittwochfrüh wurden aus der Hauptstadt Tripolis neue Gefechte in der Nähe zweier Militärstützpunkte gemeldet. Anwohner berichteten von Schüssen und Explosionen nahe der Al-Jarmuk-Kaserne im Stadtteil Salaheddin und aus dem Vorort Tadschura im Osten der Stadt.
Haftar hatte seine Offensive am vergangenen Freitag ohne Befehl des Generalstabs gegen zwei islamistische Milizen in Bengasi im Osten des ölreichen nordafrikanischen Staates begonnen. Die Gefechte griffen auf andere Städte über. Etwa 80 Menschen wurden getötet.
Muslimbruderschaft befürchtet "ägyptische Verhältnisse"
Der Ex-General wetterte jetzt in einem Interview der arabischen Tageszeitung "Al-Sharq Al-Awsat" gegen die Muslimbruderschaft, die das Übergangsparlament dominiert. Zugleich wies er Spekulationen zurück, wonach er für einen Umsturz in Libyen Geld aus Algerien und Ägypten erhalten haben soll.
Baschir al-Kebti, ein führendes Mitglied der Muslimbrüder in Libyen, hielt Haftar vor, dem Beispiel ägyptischer Generäle zu folgen, die im Sommer 2013 in Kairo den demokratisch gewählten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi abgesetzt hatten."Doch dies kann in Libyen unmöglich genauso geschehen, denn das komplette Volk ist bewaffnet", unterstrich Kebti gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.
Parlamentswahl am 25. Juni?
Um dem politischen Chaos einen Riegel vorzuschieben und die Lage zu beruhigen, hat die Wahlkommission nun den 25. Juni als Termin für die Wahl eines neuen Parlaments angesetzt. Das Datum sei aber noch nicht offiziell verkündet worden, erklärte ein Mitglied der Kommission der Nachrichtenagentur Reuters. Zuvor hatte ein Fernsehsender unter Berufung auf die Kommission gemeldet, der Termin am 25. Juni stehe schon fest.
Gemäß dem Fahrplan für die Übergangszeit hätten die Libyer bereits im vergangenen Winter die Abgeordneten neu bestimmen sollen. Stattdessen beschlossen diese eigenmächtig eine Verlängerung der Legislaturperiode.
Steinmeier besorgt
Die deutsche Regierung zeigt sich beunruhigt über die Entwicklung in Libyen. Ein Abdriften in noch mehr Gewalt und Chaos könne nur durch einen Dialog über die Zukunft des Landes verhindert werden, betonte Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Er appellierte an die Konfliktparteien, Respekt von den "noch immer schwachen" demokratischen Institutionen des Landes zu haben.
Seit dem Bürgerkrieg 2011 und dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi ist es der Regierung in Tripolis nicht gelungen, sich im gesamten Land Autorität zu verschaffen. Viele ehemalige Rebellengruppen verweigern ihre Entwaffnung.
se/kle (afpe, rtre, dpa)